Orientierung
Das Vorbild der Heiligen
Freitag, 7. Oktober 2022

Weil Gott mich nicht alleine lässt

Sie sind keine Heiligen im herkömmlichen Sinne. Dennoch dürfen sie am Heiligenhimmel nicht fehlen: die Engel. Einst hatten sie in der katholischen Kirche Konjunktur. Bis heute sind sie als Putten wenigstens in der Dekoration nicht wegzudenken. Gleichzeitig, wenn auch mehr und mehr unpopulär, ist die Existenz der Engel für Katholiken eine Glaubenswahrheit.

Die Bibel spricht von einer ganzen Reihe von Engeln. Sie werden Seraphim, Cherubim, Throne oder Heerscharen genannt (Gen 3,24; Ps 78,49; Jes 6,2; Eph 1,21; Kol 1,16; Hebr 12,22; Mt 13,49; Offb 5,11) oder sie haben konkrete Namen wie z. B. die Erzengel Michael, Gabriel und Raphael (Tob 12,18; Dan 8,16 u. 9,21; Lk 1,19 u 26; Off 12,7). und dann sind da noch die Schutzengel, für die wir uns nun näher interessieren.

Das Schutzengelfest wurde nachweislich erstmals 1526 durch den französischen Bischof von Rodez, dem seligen François d'Estaing (1460–1529), gefeiert. Seit 1608 wird dieses liturgische Gedenken weltweit begangen. 1670 wurde das Schutzengelfest für die universalkirche auf den 2. Oktober festgelegt.

Ein Blick in die Vergangenheit: Woher kommt der Glaube an die Schutzengel?

Das Wort Engel, vom griechischen „angelos“, bedeutet „Bote“ oder „Abgesandter“. Im Kontext jüdisch-christlicher und islamischer Tradition sind Engel „Geistwesen“. In den Schriften dieser drei monotheistischen Religionen spielen sie eine nicht unwesentliche Rolle. So verkörpern sie im Christentum Gottes Botschaft. Die Schutzengel stehen dabei im Dienst des göttlichen Heilsplans, „um denen zu helfen, die das Heil erben sollen“ (Hebr 1,14).

Die katholische Tradition orientiert sich vor allem am biblischen Zeugnis. Es ist ein Schutzengel, der im ersten Buch der Bibel Abrahams Hand wegzieht, als er im Begriff ist, seinen Sohn Isaak zu opfern (Gen 22,11). Gott verheißt dem Volk Israel in der Wüste: „Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht.

Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe. Achte auf ihn und hör auf seine Stimme! Widersetz dich ihm nicht! Er würde es nicht ertragen, wenn ihr euch auflehnt; denn in ihm ist mein Name gegenwärtig“ (Ex 23,20).

Im Neuen Testament wird das Leben des neugeborenen Gottessohnes von einem „Engel des Herrn” (Mt 2,13–20) vor dem mörderischen Zugriff des Herodes geschützt. Schließlich mahnt Jesus selbst im Blick auf die Wehrlosen: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters“ (Mt 18,10). In Bezug auf die Angst um sein eigenes Leben sagte Jesus seinen Jüngern: „Glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte?“ (Mt 26,53). Vom rätselhaften Befreier des Petrus heißt es schließlich in der Apostelgeschichte: „Es ist sein Engel" (Apg 12,13).

Es wundert also nicht, dass der Glaube an Schutzengel im Christentum von Anfang an verankert ist. Theologen wie der hl. Augustinus (354–430), der hl. Gregor der Große (540–604), der hl. Bernhard von Clairvaux (1090–1153) und der hl. Thomas von Aquin (1225–1274) befassten sich eingehend mit der Lehre von den Engeln. Bezüglich der Schutzengel war es der hl. Basilius der Große (um 330), der schon im vierten Jahrhundert lehrte, dass „jeder Gläubige an seiner Seite einen Engel als Beschützer hat”.

Ein Blick in die Zukunft: Was könnte die Verehrung des Schutzengels für mich bedeuten?

In der Sorge, dass Christus nicht im Zentrum des Glaubens stehen könnte, und angesichts so mancher frommen Übertreibung schweigt sich die zeitgenössische Theologie über die Engel aus, bzw. begegnet ihr mit Skepsis. Mancher Zeitgenosse tut daher die Schutzengel vorschnell als Kinderglauben ab.

Mich erinnert der Gedenktag der hl. Schutzengel vor allem an das Wirken Gottes, der in der Geisteskraft Christi, versinnbildlicht durch die Engel, mein Leben begleitet und schützt. Dieser Glaube befriedigt meine Sehnsucht nach der persönlichen Fürsorge Gottes. Im Kern geht es also darum, dass Gott mich nicht alleinlässt. Meine Freiheit respektierend, weiß Gott um jeden Schritt und Tritt meines Lebens. Welch ein Trost!

Im Direktorium über die Volksfrömmigkeit, das der Vatikan 2001 veröffentlicht hat, heißt es: „Die Verehrung der Schutzengel lässt Raum für einen Lebensstil, der gekennzeichnet ist von einer innigen Dankbarkeit gegenüber Gott, der mir ,zum Dienst an den Menschen‘ seinen Schutzengel ,an die Seite gestellt hat‘. Ferner geht es um mein gläubiges Vertrauen, wenn es gilt, auch schwierige Situationen zu meistern, weil mich der Herr durch den Schutzengel auf dem ,Weg der Gerechtigkeit‘ führt“ (vgl. Nr. 216).

Gebet

Die Fürbitte beim persönlichen Schutzengel hat daher gute Tradition:

Heiliger Schutzengel mein,
lass mich dir empfohlen sein;
in allen Nöten steh mir bei,
und halte mich von Sünden frei.
An diesem Tag, ich bitte dich,
erleuchte, führe, schütze mich.
Amen.

Foto

Engel 1: M. Neugebauer-Renner, Pixabay