Entscheiden, was wird
Wenn Menschen älter werden, Krankheiten zunehmen und die Kräfte nachlassen, kommen Themen auf, die lange verdrängt wurden:
- Was passiert, wenn ich mich nicht mehr selbst versorgen kann?
- Wer entscheidet für mich, wenn ich es selbst nicht mehr tun kann?
- Welche medizinischen Maßnahmen will ich am Lebensende erhalten und welche nicht?
Was es stets zu beachten gilt:
Vorsorge- wie Betreuungsvollmachten können umfassend sein und folgende Felder umfassen:
- finanzielle Angelegenheiten
- Aufenthaltsbestimmungsrecht
- Gesundheitsvorsorge
- medizinische Behandlungen
- Vertragsangelegenheiten
- Schenkungen.
Alle Vollmachten und die Patientenverfügung müssen stets schriftlich abgefasst worden sein und handschriftlich unterschrieben werden. Lassen Sie sich am besten von Experten beraten und optimal die Vollmacht durch einen Notar beglaubigen.
Fragen, die nicht nur für ältere Menschen relevant sind. Auch Jüngere können von Schicksalsschlägen betroffen werden. Daher gilt es dafür zu sorgen, dass die eigenen Wünsche durch die richtigen Ansprechpartner berücksichtigt werden. Das ist nicht selbstverständlich und schon gar nicht einfach.
Es gibt viele Bestimmungen und Regelungen, die es zu beachten gilt. Wo ist etwa der Unterschied zwischen einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsvollmacht? Und was gehört in eine Patientenverfügung? Muss etwas davon handschriftlich erfolgen oder bei einem Notar hinterlegt werden?
In diesem Artikel klärt der WEINBERG die wichtigsten Begriffe und spricht über Anforderungen, Rechte und Pflichten, die sich aus den Vollmachten ergeben.
Vorsorgevollmacht
Was passiert, wenn ich meine Angelegenheiten gerade nicht selbst regeln kann? Etwa, weil ich durch eine Verletzung oder Krankheit immobil geworden bin; dann komme ich nicht mehr zur Bank – aber die Rechnungen müssen weitergezahlt werden. Für Menschen, die verheiratet sind oder Kinder haben, klingt das einfach zu bewältigen. Aber viele leben allein, sind verwitwet oder sehen ihre Kinder nicht mehr so häufig. Auch die Zahl der Menschen mit Demenz nimmt zu. Dement zu sein heißt nicht, keine Entscheidungen mehr treffen zu können – sondern nur, dass man mehr oder weniger geistig eingeschränkt ist. Und spätestens dann können auch Kinder und Ehepartner nicht immer ersatzweise handeln.
Für solche Fälle können Sie eine Vorsorgevollmacht ausstellen. Das ist ein Dokument, in dem eine Person eine andere bevollmächtigt, im Falle der eigenen Entscheidungsunfähigkeit in bestimmten oder allen Bereichen zu handeln. Der Betroffene kann die Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen und anderslautende Anweisungen treffen als der Bevollmächtigte. So kann eine Person, die ihre Bankgeschäfte etwa wegen ihrer eingeschränkten Mobilität meistens nicht mehr selbst tätigt, noch Überweisungen vornehmen.
Bei der Vorsorgevollmacht kommt es auf genaue Formulierungen an: So ist die Bestimmung trügerisch, der Bevollmächtigte könne den Betroffenen in „allen Angelegenheiten“ vertreten, die in vielen Vorlagen steht. Denn in der Regel zögern Ärzte und medizinisches Personal, wenn es darum geht, dem Bevollmächtigten Entscheidungen zu überlassen, die mit Tod oder schweren gesundheitlichen Schäden verbunden sind. Soll Ihr Bevollmächtigter hier ebenfalls Entscheidungen treffen, sollte das explizit benannt werden.
Für die Bevollmächtigten ist ein solches Dokument eine große Verantwortung. Denn der Vertreter ist verpflichtet, im Interesse des Betroffenen zu handeln – nicht im eigenen. Die Frage einer Tochter „Was würde meine Mutter wollen, was passiert?“ muss für eine Bevollmächtigte die ständige Begleitung sein. Freilich schränkt der Gesetzgeber die Handlungsmöglichkeiten auch in wenigen Punkten ein: So kann etwa ein Bevollmächtigter nicht entscheiden, sich selbst aus dem Vermögen der Betroffenen zu beschenken.
Grundsätzlich tritt eine Vorsorgevollmacht sofort nach deren Ausstellung in Kraft. Allerdings kann die Betroffene die Anweisung erteilen, davon erst Gebrauch zu machen, wenn sie selbst entscheidungsunfähig wird. Das ist vor allem deswegen sinnvoll, weil die Vollmacht rechtzeitig ausgestellt werden muss – bei klarem Verstand. Die Vollmacht endet dabei nicht zwingend mit dem Tod der Person. Sie kann auch über den Tod hinaus ausgestellt werden; dann müssen die Erben sie widerrufen.
Viele ältere Menschen setzen in der Regel ihre Kinder ein. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass sich die verschiedenen Bevollmächtigten nicht gegenseitig blockieren. Wer fünf Kinder hat, sollte nicht alle fünf einsetzen. Am effektivsten ist es, einen Bevollmächtigten und eine Vertretung zu benennen. Möglich ist es auch, Verantwortlichkeiten aufzuteilen. Wer etwa fünf Kinder hat und ein Sohn ist Krankenpfleger, der kann diesen Sohn mit medizinischen Entscheidungen beauftragen; die Tochter, die Bankkauffrau ist, erhält hingegen die Vollmacht, finanzielle Belange zu regeln.
Betreuungsvollmacht
Selbstbestimmung ist in Deutschland ein hohes Gut. Abgesehen von wenigen Einschränkungen hat der Mensch die absolute Kontrolle darüber, welche Behandlungen an ihm durchgeführt werden. So berichtet ein Sanitäter, es komme regelmäßig vor, dass Angehörige alte, schwerkranke Betroffene ins Krankenhaus einliefern lassen wollen – der Betroffene das aber verweigere; er wolle zu Hause bleiben. Da hilft dann auch keine Vorsorgevollmacht – denn solange sich der Betroffene noch selbst artikulieren kann, hat er die Letztentscheidung.
Wollen die Angehörigen dennoch aktiv werden, müssen sie das Betreuungsgericht einschalten. Kommt das Gericht zu der Erkenntnis, dass der Betroffene Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kann – das aber vielleicht noch glaubt – bestellt es einen Betreuer, der auch über den Kopf des Betroffenen hinweg handeln kann. Dann ist es gut, wenn es eine Betreuungsvollmacht gibt – auch alternativ Betreuungsverfügung genannt. Denn darin legen Sie im Vorhinein fest, wen das Gericht zu ihrer Betreuung bestimmen soll. Im Unterschied zur Vorsorgevollmacht tritt eine Betreuungsvollmacht daher erst in Kraft, wenn das Gericht es für erforderlich erklärt.
Der wichtigste Punkt ist, dass die Personen benannt werden, die die Betreuung übernehmen sollen. Sie können auch jemanden ausschließen – wenn Sie sich mit Angehörigen überworfen haben. Sie können auch Hinweise geben, wie zukünftig zu handeln ist – ob sie etwa in einem Pflegeheim wohnen wollen oder nicht.
Bei der Benennung eines Betreuers sind aber einige Regeln zu beachten: Er muss volljährig und geschäftsfähig sein; er darf keinen Eintrag im Schuldnerverzeichnis haben; er darf nicht vorbestraft sein; er muss die deutsche Sprache ausreichend beherrschen; er darf nicht zu weit weg wohnen von dem, den er betreut. Der Betreuer muss sich auch darüber im Klaren sein, dass das Gericht sein Verhalten daraufhin überprüfen kann, ob wirklich im Sinne des Betreuten gehandelt wird.
Seit 2023 gibt es ein Notvertretungsrecht für Ehegatten: Eheleute können sich im Notfall für sechs Monate vertreten, auch ohne eine Bestimmung des Betreuungsgerichtes. Vorausgesetzt ist dabei, dass keine anderweitigen Vollmachten vorliegen. Eine Betreuungsverfügung muss abgefasst und eigenhändig unterschrieben werden. Die gewünschten Befugnisse sind klar und deutlich zu formulieren.
Patientenverfügung
Man steht am Bett eines Angehörigen, die Vorsorgevollmacht in den Händen, die auch medizinische Entscheidungen berücksichtigt, und die behandelnde Ärztin sagt: „Wir können noch etwas machen, aber das wird den Tod nur um kurze Zeit hinauszögern.“ Was nun? Außer gelegentlicher Kommentare am Küchentisch, meistens nicht besonders präzise, gibt es keine Anweisungen, wie die Betroffene sich das weitere Vorgehen wünscht.
Damit so etwas nicht vorkommt, gibt es die Patientenverfügung. Darin wird im Voraus festgelegt, welche medizinischen Maßnahmen in bestimmten Situationen durchgeführt oder unterlassen werden sollen. Dann ermöglicht die Patientenverfügung Ärzten und Angehörigen, gemäß dem Willen des Patienten zu handeln.
Gerade bei der Patientenverfügung kommt es darauf an, sehr präzise zu formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden. Entsprechend ist es gerade dort hilfreich, sich von Experten unterstützen zu lassen. Mit Experten sollten sie sich auch beraten, wenn sich ihr Krankheitsbild verändert – mitunter sollte dann die Patientenverfügung angepasst werden. Diese sollte den nächsten Angehörigen oder Vertrauenspersonen bekannt und gut zugänglich sein – damit im Bedarfsfall schnell gehandelt werden kann.