Die Kunst der Erholung
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Montag, 29. Juli 2024
Erholung

Die Kunst der Erholung

„Ich bin so gestresst!“ Wer hat diesen Satz nicht schon gesagt? Für manche ist er sogar eine Auszeichnung. Denn wer ständig gestresst ist, der wird ja auch ständig gebraucht. Für andere ist er wiederum eine Last, von der sie sich befreien wollen. Stress scheint in den vergangenen Jahren zugenommen zu haben: Der Druck in der Schule steigt, die Herausforderungen für die arbeitende Bevölkerung nehmen zu, ältere Menschen werden kränker, dazu kommen die globalen Krisen, die das Gefühl der Unsicherheit verschärfen. Es scheint keinen Raum mehr zu geben, um „mal runterzukommen“.

Dabei ist Erholung entscheidend, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen. Der Mensch kann viel leisten, wenn er danach Zeit zur Regeneration hat. Doch gerade die Menschen, für die Erholung am wichtigsten wäre, müssen sie mühsam dem Alltag abtrotzen. Dieser Beitrag bietet Hinweise, wie das möglich wird.

Was ist Stress?

Der Körper reagiert mit Stress, wenn er sich über das physiologische Durchschnittsmaß hinaus belastet fühlt. Die Psychologie unterscheidet zwischen zwei Arten von Stress:

  • Eustress: Positiver Stress fördert unsere Leistungsbereitschaft, etwa im Sport.
  • Dysstress: Negativer Stress, der vom Organismus als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd empfunden wird.

Menschen reagieren auf Stress unterschiedlich. Häufige Reaktionen sind:

  • erhöhte Herzfrequenz
  • erhöhter Blutdruck
  • erhöhter Blutzuckerspiegel
  • Verdauungsprobleme

Sich Zeit schenken

Ein wichtiger Schritt hin zu mehr Erholung ist es, das Verständnis von Zeit zu erweitern. Jeder Mensch hat 24 Stunden. Aber manche scheinen mehr davon zu haben. Nicht dank einer Zeitmaschine, sondern weil diese Menschen ihre Stunden anders füllen. Wie wir unsere Zeit verbringen, trägt entscheidend zur Qualität der Zeit bei. Das gilt sowohl während der Arbeit als auch in der Freizeit. Es gibt Zeiten, die uns Kraft und Energie schenken – und solche, die sie uns rauben.

Solche Minus-Zeiten können dabei an Orten lauern, wo wir es nicht erwarten. Streamingdienste wie Netflix bieten ganze Serien an, die man sich an einem Stück anschauen kann. Die Folgen sind so geschnitten, dass man unbedingt weiterschauen will. Nur noch eine Folge. Und dann hat man mit der spannenden Thriller-Sendung sieben Stunden zugebracht und es ist zwei Uhr nachts.

Ach, man muss ja um sechs Uhr früh raus. Aber der Schlaf wird nun auch nicht sehr erholsam. Denn das Gehirn muss die vielen Bilder, Geräusche und Emotionen verarbeiten und tut das im Schlaf, der deswegen unruhiger ausfällt. Natürlich ist das ein extremes Beispiel. Aber das Prinzip gilt für den größten Teil des Fernsehens. Grelle Farben, viel Licht, Musik, die aufwühlt. Ja, Fernsehen lenkt ab – aber es erholt eher selten.

Für wen es eine liebe Gewohnheit ist, für den gibt es eine Empfehlung: Auch wenn das Feuilleton über sie verächtlich die Nase rümpft – romantische Komödien erwärmen das Herz und bringen uns zum Lachen – und Lachen entspannt.

Plus-Zeit ist hingegen solche, die Kraft schenkt. Man kann von Plus-Zeit sprechen, weil sie neue Zeit hervorbringt. Wer etwa gut ausgeruht zur Arbeit geht, dessen Produktivität ist höher – optimalerweise ist er früher fertig. Oder wer fit Zeit mit den Enkeln verbringt, der kann es mehr genießen, schenkt sich also mehr Lebensqualität.

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Ein Spaziergang im Wald entspannt – und kann Gemeinschaft stiften

Intervalle der Erholung

Mit der Erholung sollte man natürlich nicht erst anfangen, wenn man abends k.o. auf der Couch liegt, sondern schon vorher. Hier helfen gute Gewohnheiten. Wer es sich aussuchen kann, der sollte Erholung aufteilen: 30 Minuten maßvolle Bewegung, 30 Minuten etwas für den Geist tun – täglich. Das entspricht der Empfehlung der WHO, die von einem positiven Effekt von mindestens 150 Minuten moderatem Ausdauersport pro Woche ausgeht, also rund 21 Minuten Bewegung pro Tag.

Einmal in der Woche sollte ein ganzer Tag der Erholung dienen: Der Sonntag bietet sich an. Auch der Besuch des Gottesdienstes ist Erholung. Denn er wird häufig als sinnstiftend empfunden. Und Sinn reduziert Stress. Daher ist die Messe für den Gläubigen eine Plus-Zeit.

Vergessen Sie auch nicht den Urlaub: Zwei Wochen am Stück sollten es mindestens einmal im Jahr sein. Dann kommen Körper und Psyche zur Ruhe. Damit bis dahin der Stress nicht überhandnimmt, können in jedem Quartal 9 Tage Erholung eingeplant werden. Das klingt nach viel: Aber wer eine Woche Urlaub nimmt, der kommt inklusive der Wochenenden schon auf diese Zeit.

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Es gibt Stunden, die zerrinnen wie Sand, und Momente, die sich ziehen wie Kaugummi: Die Zeit vergeht nicht gleichmäßig

Eine gesellschaftliche Aufgabe

Übrigens: Dieses Thema ist auch für Rentner und Pensionäre wichtig. Auch ihr Leben kann von Stress geprägt sein. Sie leiden zudem darunter, dass Stress häufig von ihren schwächer werdenden Kräften ausgeht. Und viele Menschen um sie herum glauben, dass Rentner ständig Freizeit im Sinne von Plus-Zeit genießen können. Wenn der Manager über Stress klagt, dann nicken alle. Bei der Großmutter wird komisch geschaut. Deswegen ist gerade für diese Gruppe die aktive Erholung wichtig.

Und gerade sie brauchen dabei Unterstützung. Vielleicht gönnt sich eine alte Dame regelmäßig eine Maniküre. Viele denken dann: Braucht es das? Ja, das tut es. Denn es geht nicht nur um Nägel, sondern auch um Körperkontakt und darum, etwas für sich zu tun.

Achtsamkeit für aktive Erholung ist zudem eine gesellschaftliche Aufgabe. Wenn eine Kommune einen kleinen Stadtpark anlegt, dann ist das eine gute Idee. Es sollten aber genug Parkbänke in einem gewissen Abstand geplant werden, damit ältere Menschen entspannt von Bank zu Bank gehen und sich ausruhen können. So werden die 21 Minuten Bewegung der WHO nicht nur für berufstätige Manager möglich, sondern auch für Großmütter. Denn alle brauchen Erholung.

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Foto: Getty Images (unsplash)