Begegnung mit Gott auf dem Berg
Vorschau Vlad Kiselov (unsplash)
Fokus
Montag, 28. Juli 2025

Begegnung mit Gott auf dem Berg

Gerne gehe ich im Sommer in den Bergen wandern. Wenn ich auf einen Gipfel komme, rundherum das Bergpanorama sehe, die Täler und die Natur – dann fühle ich mich dem Himmel ein Stück näher. Alles wirkt klarer, ruhiger, vielleicht sogar heiliger. In der Bibel haben Berge eine besondere Bedeutung – sie sind Orte, an denen Menschen Gott begegnen. Ihr Leben wird dadurch anders und sie verändern das Leben der anderen Menschen in den Tälern des Alltags.

Steigen Sie mit mir auf die Berge der Bibel!

Dem Himmel näher – Gott auf dem Gipfel

Schon früh in der Geschichte der Religionen galt der Berg als heiliger Ort. Die Götter des Alten Orients wohnten „oben“ – auf hohen Gipfeln, über den Wolken. Auch im Alten Testament wird der Berg zum besonderen Ort der Begegnung mit Gott. Dort zeigt sich Gott den Menschen, spricht zu ihnen und gibt ihnen Orientierung für ihr Leben.

Ein Beispiel ist Genesis 22: Abraham wird von Gott auf die Probe gestellt und soll seinen Sohn Isaak auf dem Berg Morija opfern. Abraham hört auf Gott – und Gott greift mittels eines Engels ein und rettet so mit Isaak die Zukunft des Volkes. Abraham nennt den Ort JHWH jire – „Gott sieht“ – und bis heute wird dieser Ort im Felsendom in Jerusalem verehrt.

Der Berg Sinai – ein heiliger Ort

Mose begegnet Gott am Berg Sinai, der auch Horeb genannt wird, im brennenden Dornbusch (Exodus 3). Später führt Mose das Volk Israel aus Ägypten und am Berg Sinai geschieht etwas Großes: Gott offenbart sich dem ganzen Volk (Exodus 19,16–19). Diese Begegnung ist dramatisch: Donner, Blitze, Hörnerschall, Rauch – die Menschen haben Angst und bitten Mose, für sie mit Gott zu sprechen (Ex 20,18–21). 

Mose wird zum Vermittler. Er steigt den Berg hinauf, empfängt die Zehn Worte und Gottes Weisung. Das Volk bleibt am Fuß des Berges. Es entsteht eine Gemeinschaft mit Gott – durch Gottes Bund und Weisung (Tora). Lange bleibt das Volk am Sinai – auf dem Berg teilt Gott dem Mose die Weisung mit, die Mose an das Volk weitergibt. Daraus wird die Tora.

Elija auf dem Berg – Gott in der Stille

Viele Generationen später geht der Prophet Elija im ersten Buch der Könige (1 Kön 19) zu demselben Gottesberg. Auch Elija sucht die Nähe Gottes.

Doch diesmal zeigt sich Gott nicht im Sturm, nicht im Beben, nicht im Feuer – sondern in einer sanften, leisen Stimme, einer „Stimme verschwebenden Schweigens“ (Buber-Rosenzweig). Eine überraschende Wendung: Gott ist nicht nur in den gewaltigen Naturerscheinungen, sondern auch in der Stille erfahrbar.

Eine tröstliche Botschaft – gerade für unseren oft so hektischen Alltag.

Ein heiliger Ort – aber kein Wohnort

So besonders der Berg ist: Er ist kein Ort, an dem man für immer bleiben kann.

Die Bibel sagt: Das Volk muss weiterziehen (Numeri 10). Gottes Nähe ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden. In einem Zeltheiligtum begegnet Gott unterwegs den Menschen im Kult. Und Gottes Wort – die Tora – wird aufgeschrieben, damit die Menschen überall davon hören und lesen. Auch Elija muss weiterziehen und Gottes Botschaft verkünden.

Im Neuen Testament erleben Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg die Verklärung Jesu (Mt 17,1–9; Mk 9,2–8; Lk 9,28–36). Sie sehen Jesus, Mose und Elija – und müssen dann hinabsteigen in ihren Alltag.

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Auf dem Berg Tabor sprechen Jesus, Mose und Elija miteinander - doch Jesus und die Apostel verweilen dort nicht. Bild: Ernst Bloch (1872)

Der Berg als Bild für die Zukunft

In den prophetischen Büchern der Bibel wird der Berg Zion in Jerusalem zum Symbol für Hoffnung und Frieden.

Am Ende der Tage werden alle Völker zum Berg Gottes kommen, um Gottes Weisung zu empfangen. Schwerter werden zu Pflugscharen – aus Waffen werden Werkzeuge für den Alltag (Jesaja 2; Micha 4).

Der Berg steht für eine Welt ohne Krieg, ohne böse Taten (Jes 11,9; 65,25) und ohne Leid – und irgendwann sogar ohne Tod. Bei einem Festmahl für alle Völker auf dem endzeitlichen Berg wird Gott den Tod für immer verschlungen haben (Jes 25,8).

Erst die endgültige Vernichtung des Todes wird die wahre Freude bringen. Diese Spitzenaussage im Alten Testament wird im Neuen Testament aufgenommen: in 1 Kor 15,54–55 und Offb 21,4 – als verheißungsvolle Hoffnung.

Eine weitere endzeitliche Hoffnung richtet sich auf den bekannten Berg im Osten Jerusalems: Am Ende der Zeiten wird Gott zum Gericht vom Ölberg her kommen (Sach 14,4).

Was bedeutet das für uns heute?

Der biblische „Gottesberg“ ist mehr als ein Ort auf der Erde. Er steht für Momente im Leben, in denen wir Gottes Nähe besonders spüren: in einer berührenden Musik, in einem Gespräch, in der Stille der Natur  ob auf einem Berg oder anderswo.

Manchmal erleben wir solche „Bergmomente“ auch im übertragenen Sinn: wenn wir Orientierung finden, neuen Mut und neue Hoffnung schöpfen oder etwas von Gottes Liebe erahnen. Für unsere Gemeinschaften und Familien lohnt es sich, besondere Orte oder Zeiten bewusst zu suchen – sei es auf Bergen oder am Meer – vielleicht beim Wandern, beim Singen, beim Beten oder im Erzählen biblischer Geschichten.

In der Bibel ist Gott oft auf dem Berg nahe, um mitten im Leben der Menschen heilsam zu wirken – vielleicht auch heute, manchmal ganz laut, manchmal ganz leise.