Korruption und Frömmigkeit auf den Philippinen
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Philippinen
Freitag, 5. September 2025

Korruption und Frömmigkeit auf den Philippinen

Überschwemmungen sind auf den Philippinen zu einem alltäglichen Bild geworden. Viele Gemeinden stehen fast jedes Jahr unter Wasser. Zwar werden Milliarden in Hochwasserschutzprojekte investiert – doch die Gemeinden leiden weiterhin unter defekten Pumpen, nicht funktionierenden Schleusen und verstopften Kanälen. Das deckt eine der größeren Wunden der philippinischen Gesellschaft auf: die Korruption.

Eine Schuld der Dankbarkeit

Korruption ist auf den Philippinen allgegenwärtig und tief in der Kultur verankert: Utang na loob (eine Schuld der Dankbarkeit) ist tief verwurzelt, und das Klientel-System floriert. Was anderswo als Bestechung verurteilt würde, wird dort als Respekt, Verpflichtung oder Harmonie beschrieben.  Über die Kultur hinaus hält das System selbst die Korruption aufrecht. Die selektive Durchsetzung von Gesetzen schützt einflussreiche Personen vor Verantwortung, während kleinere Straftäter mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen müssen.

Die Bürokratie ist undurchsichtig, sodass Abkürzungen und informelle Zahlungen zur Norm werden. Politische Ämter werden als Familienunternehmen betrachtet, als Mittel zur Erhaltung der Dynastie.

Unterdessen zwingt tief verwurzelte Ungleichheit die Bürger dazu, Bestechungsgelder oder Gefälligkeiten als Mittel zum Überleben zu akzeptieren. Korruption ist nicht nur ein Missbrauch des Systems, sondern die Art und Weise, wie das System selbst funktioniert.

Wahlen sind häufig von Stimmenkauf geprägt, bei dem Bargeld oder Grundgüter die Unterstützung sichern. Armut macht die Menschen anfällig für Transaktionspolitik und reduziert Wahlen zu einer Frage der Gönnerschaft. Wahlen vertiefen, so sie die Korruption und halten die Nation in einem Kreislauf gefangen.

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Am Sonntag sind die Kirchen auf den Philippinen voll - doch am Montag geht die Korruption weiter

Zweigleisiges Christentum

Der katholische Glaube immunisiert die Filippinos nicht gegen die Korruption. 80 Prozent der Menschen dort sind katholisch, die Kirchen am Sonntag voll, der Glaube authentisch. Doch viele handeln nach dem, was der jesuitische Psychologe Jaime Bulatao einmal als „zweigleisiges Christentum” bezeichnet hat: Der Glaube regiert den privaten und spirituellen Bereich, während eine andere Ethik der Gönnerschaft das öffentliche Leben bestimmt.

Zwar ist Predigt der Kirche eindeutig: Korruption ist Diebstahl von den Armen, eine schwere Sünde. So forderte Papst Franziskus die Filipinos während seines Besuchs 2015 auf, „jede Form von Korruption abzulehnen, die Ressourcen von den Armen abzieht”. Doch der Glaube wird allzu oft nicht in die Praxis umgesetzt. Die Kluft zwischen der Andacht am Sonntag und der Regierungsführung am Montag bleibt groß.

Damit der Glaube Ressourcen zur Überwindung der Korruption zur Verfügung stellen kann, muss diese Kluft überwunden werden. Korruption ist demnach nicht nur ein politisches Problem, sondern eine spirituelle Krise. Sie ist „eine Sünde gegen die Armen, ein Verrat am öffentlichen Vertrauen und eine Verhöhnung der Gerechtigkeit“, Kardinal Pablo Virgilio David.

Reformen erfordern eine grundlegende Veränderung der inneren Werte und sozialen Strukturen, damit die Filipinos den Glauben, den sie bekennen, auch wirklich leben. Familien müssen Integrität genauso eindringlich lehren wie das Beten. Kirchen müssen in ihren eigenen Finanzen Transparenz vorleben. Die Bürger müssen den Kreislauf des Zynismus durchbrechen, laut dem lahat naman corrupt (ohnehin alle korrupt sind). Das ist eine Aufgabe für die Kirche und die ganze Gesellschaft. (UCA News)