
Pilger der Hoffnung in Rom
Eine Gruppe zieht über die Via della Conciliazione vom Tiber hoch zum Petersdom. Der Gruppe wird ein Holzkreuz vorangetragen, ein Mann hat einen Gebetszettel in der Hand, viele der Pilger schauen in die Schaufenster entlang der Straße, wo sie nachher Marienfiguren, Papstbilder und Rosenkränze en masse erwerben können. Denn Rom ist seit jeher eines der wichtigsten Pilgerziele Europas. 2025 umso mehr. Denn es ist Anno Santo, ein Heiliges Jahr.
Ein Heiliges Jahr für jede Generation
Das erste Heilige Jahr wurde 1300 in Rom begangen. Es sollte die Umkehr und Buße der Christen zu Anbeginn eines neuen Jahrhunderts fördern. Deswegen reichte es bis heute nicht, nur zu den Gräbern der Apostelfürsten in Rom zu pilgern. Auch die Beichte und der Besuch der Messe waren und sind vorgeschrieben. Erfüllt man diese Bedingungen, wird ein vollständiger Ablass gewährt – also der Nachlass aller zeitlichen Sündenstrafen. Ein heute sperriger Begriff. Er verweist darauf: Das, was von Gott trennt, wird von Gott weggenommen.
Als es 1300 abgehalten wurde, sollte das nächste Heilige Jahr erst nach 100 Jahren stattfinden, also 1400. Doch schon 1350 wurde der Rhythmus auf 50 Jahre verkürzt, 1389 auf 33 Jahre. 1470 legte Papst Paul II. dann 25 Jahre als Rhythmus fest. Dabei ist es bis heute geblieben. Denn so kann jede Generation wenigstens ein Heiliges Jahr erleben, wenn die Menschen nach Rom pilgern.

Pilger in Gemeinschaft
Auf den Akt des Pilgerns verweist auch das Logo in diesem Heiligen Jahr 2025: Vier stilisierte Figuren verweisen auf die Menschheit aus den sieben Erdteilen. Sie umarmen sich gegenseitig, um Solidarität und Brüderlichkeit zu betonen. Der erste in der Reihe umarmt das Kreuz – als Zeichen für den Glauben und die Hoffnung. Das Kreuz beugt sich der Menschheit entgegen. Die Wellen, in denen sich die Figuren bewegen, sind aufgewühlt – denn auf dem Pilgerweg des Lebens sind die Wasser nicht immer ruhig. Das Logo zeigt zugleich das Pilgern in Gemeinschaft.
Wer dennoch allein nach Rom gereist ist, der kann am Eingang der Via della Conciliazione warten, bis sich aus anderen Pilgern eine Gruppe gebildet hat. Gemeinsam ziehen sie betend den gesicherten Weg entlang. An mehreren Stellen stehen Helfer in grünen Shirts. So geht es einmal über den Petersplatz und hinauf in die Vorhalle von Sankt Peter. Die Porta Santa – die Heilige Pforte – ist nicht das zentrale Portal, sondern sie führt in das rechte Seitenschiff der Kirche. In der Basilika ziehen viele Gruppen gemeinsam zur Confessio, dem Grab des Apostels Petrus, das hier seit fast 2000 Jahren verehrt wird. Denn das ist der Ursprung des Heiligen Jahres: eine Pilgerfahrt zu den Gräbern der Apostel.
Ich wollte, dass wir alle … die Möglichkeit haben, die Tore unseres Herzens aufzumachen und zu verstehen, dass die Hoffnung nie enttäuscht
Fünf Heilige Pforten
So pilgert man im Heiligen Jahr denn auch nicht nach Rom, sondern zu den wichtigsten Kirchen der Stadt. Insgesamt gibt es vier Heilige Pforten: Neben der Peterskirche noch in Sankt Paul vor den Mauern – wo der hl. Paulus begraben sein soll –, in Santa Maria Maggiore und der Laterankirche, der Bischofskirche des Papstes. Die fünfte Heilige Pforte fällt aus dem Rahmen: Sie liegt in einer Gefängniskapelle. Das ist ein Novum. Durch sie möchte der Papst die Heiligen Pforten als Symbole der Hoffnung besonders betonen – eine Hoffnung, die für alle gilt.
Die verschiedenen Pforten haben jeweils eine eigene Gestaltung. Die Porta in Santa Maria Maggiore etwa zeigt die Gottesmutter und Christus, die sich dem Besucher zuwenden. Jesus wird als der Gekreuzigte dargestellt, der nur mit einem Lendentuch bekleidet, die Wundmale an seinen Händen zeigt. Diese Haltung wird von den Pilgern als Einladung verstanden. Das sieht man an den Händen des Gekreuzigten: Die oberste Metallschicht an den Fingern ist schon abgegriffen, weil die Menschen ihre Hände in die Hände Jesu legen. Solche kleinen Gesten lassen das Heilige Jahr zu einer Erfahrung des Glaubens werden.