
Papst Franziskus – Symbole für die Armen
Als Papst Franziskus am 13. März 2013 auf die Benediktionsloggia trat, nur in einer weißen Soutane, ohne die rote Mozetta wie seine Vorgänger, da begann eine neue Zeit in der katholischen Kirche. Papst Franziskus, der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri, macht vieles anders. Er zog nicht in die päpstliche Suite im Palazzo Apostolico, sondern blieb in der Domus Sanctae Marthae. Er verzichtete auf die roten Schuhe des Papstes und unter seiner weißen Soutane schimmert häufig seine dunkle Hose durch. Das sind nicht nur Äußerlichkeiten – das sind Symbole. Und die sind entscheidend für den Nachfolger Petri.

Den Gefangenen das Evangelium zeigen
„Wie viele Divisionen hat der Papst?“, soll einst Stalin höhnisch bemerkt haben. Denn die Macht des Papstes beruht im Wesentlichen auf Gesten und Symbolen.
Papst Franziskus setzte sich durch seine Symbole von seinem Vorgänger ab, besonders denen des späteren Pontifikates Benedikts XVI. Die damals genutzten Stücke der päpstlichen Schatzkammer – vor allem in der Liturgie - standen alle in einer tiefen Tradition der Kirche – doch wurden Textile wie der Fanon außerhalb einer kleinen Gruppe von Spezialisten und Liturgiefans nicht mehr verstanden.
Franziskus entwickelte daher ein neues Repertoire von Symbolen und Gesten, mit denen er die Katholiken, aber auch die außerkatholischen Adressaten erreichen wollte: Etwa, wenn er am Gründonnerstag die Füße von Gefangenen wusch. Oder indem er sein Brustkreuz nicht aus Gold ist, sondern aus Eisen fertigen ließ.
Doch nicht nur mit diesen liturgischen Symbolen hat der Papst die katholische Kirche im letzten Jahrzehnt geprägt. Vier Themen sind dabei für sein Pontifikat zentral: Die Dezentralisierung der Kirche, die Nähe zu den Armen, die ökologische Frage und die Barmherzigkeit. Welche Symbole und Gesten hat der Papst dort geschaffen?

Herkunft aus dem globalen Süden
Schon seine Herkunft war ein Symbol. Jorge Bergoglio stammt aus Argentinien. „Vom anderen Ende der Welt“ sei er berufen worden, so drückte es Franziskus aus. Er ist seit der Antike der erste Papst, der nicht aus Europa stammt und der dritte in Folge, der kein Italiener ist. Jahrhundertelang war das Papsttum eine italienische Angelegenheit. Die meisten Päpste der Neuzeit stammten aus Mittelitalien. Doch im 20. Jahrhundert verschoben sich die Gewichte. Um 1900 waren ca. 68 Prozent der Katholiken Europäer, 1950 war es immerhin noch jeder zweite. 2009 war es nicht mal mehr jeder vierte.
Das Bevölkerungsgewicht Amerikas – vor allem Lateinamerikas – verdoppelte sich hingegen fast. Das Zentrum des Katholizismus wanderte in den globalen Süden. Diese Entwicklung kam mit der Wahl von Papst Franziskus auch auf dem Stuhl Petri an. Und damit auch Themen, die im Europa teilweise schon für obsolet gehalten wurden.

Barmherzigkeit als zentrales Leitmotiv
Ein Heiliges Jahr ist für die katholische Kirche eine prägende Zeit. Es ist eine Zeit der Umkehr und der Besinnung. Der Papst kann neben der regulären Heiligen Jahren, die alle 25 Jahre stattfinden, außerordentliche ausrufen. Diese stehen unter einem bestimmten Thema. Papst Franziskus rief 2016 ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit aus.
Die Barmherzigkeit ist ein leitendes Thema schon im Wappen des Papstes: Miserando atque eligendo - aus Barmherzigkeit erwählt ist sein Wahlspruch.
Indem er die Barmherzigkeit zu einem zentralen Thema seines Pontifikates und speziell eines Heiligen Jahres machte, reagiert der Papst auf ein grundlegendes Problem der Kirche: Zwar ist die Barmherzigkeit eines ihrer wichtigsten Themen. Aber ihre Instrumente, Barmherzigkeit, Vergebung und Umkehr zu fördern und zu ermöglichen, werden vor allem im globalen Norden nicht mehr wahrgenommen.
Daher wurde innerkirchlich außer den Ablässen auch die Beichte verstärkt angeboten, speziell in der vorösterlichen Fastenzeit, in der der Papst in den Diözesen Priester als "Missionare der Barmherzigkeit" mit besonderen Vollmachten entsandte. Und die Heiligen Pforten überall auf der Erde wurden zu wichtigen Zeichen der Barmherzigkeit Gottes. Zeichen für eine Umkehr, die auch praktische Folgen haben sollte.

Einsatz für soziale Gerechtigkeit
Notleidenden, Einsamen und Randstehenden. Ein deutliches Zeichen setzte Papst Franziskus etwa, als er eine Heilige Pforte in einem Gefängnis eröffnete - weil jeder, auch die Gefangenen, Vergebung durch Gott erhoffen können.
Der Einsatz für die, die am Rand stehen, ist ein Leitthema für Papst Franziskus. Die Kirche soll ein Feldlazarett werden, so erklärte er zu Beginn seines Pontifikates. Er sprach von einer „Wirtschaft, die tötet“ und machte damit auf die Ausbeutung vor allem des globalen Südens aufmerksam.
Ein wichtiges Symbol für eine Wirtschaft und eine Gesellschaft, die Menschen zurücklässt, sind Obdachlose. Ihnen gilt daher die Aufmerksamkeit des Papstes. So frühstückte er an seinem 80. Geburtstag mit einer Gruppe römischer Obdachloser.
Ich wollte dieses Kunstwerk hier auf dem Petersplatz, damit es uns alle an das Evangeliumsgebot der Gastfreundschaft erinnert“
Ein weiteres Anliegen des Papstes ist die Migration. Immer wieder besuchte der Papst Flüchtlingslager, etwa in Lampedusa oder der Türkei. Auf dem Petersplatz stellte er eine Skulptur auf, die ein Flüchtlingsboot zeigt, voll mit Menschen aller Nationen und unterschiedlicher Epochen. Menschen, die fliehen, gehen nicht freiwillig. Ein Grund für ihre Flucht hat der Papst ebenfalls auf seine Agenda gesetzt.

Franziskus schlug auch immer wieder eine Verbindung zwischen der sozialen Gerechtigkeit und der Klimafrage. In vielen Regionen der Welt verstärkt der Klimawandel die soziale Not.
So sprach der Papst vom „gemeinsamen Haus“, einer Welt, in der alle mit allem zusammenhängen: Wenn es in dem einen Zimmer brennt, dann bleiben Menschen in einem anderen Zimmer davon nicht unberührt. Folgerichtig waren die weltweiten Klimakonferenzen immer wieder von Worten des Papstes begleitet und bei der Pariser Klimakonferenz soll er sogar direkten Einfluss hinter den Kulissen genommen haben.
Doch zugleich zeigt das Thema die Grenzen der symbolischen Kommunikation. Dem Papst ist es in 12 Jahren bislang nicht gelungen, einprägsame Bilder und Gesten für dieses Thema zu finden. Am ehesten gelingt ihm das dort, wo sich dieses Thema mit anderen überschneidet, etwa in der Begegnung mit Menschen aus dem Amazonas. Die Kirche an der Seite der Indigenen – dieses Bild verbindet sich mit dem Schutz der Regenwälder.
Symbole für die Kirche
Papst Franziskus hat dem Papsttum und der katholischen Kirche Symbole und Gesten erschlossen, um innerhalb wie außerhalb der Kirche Wirkung zu entfalten. Er schließt damit Papst Johannes Paul II. an, der etwa als leidender Papst zu einer globalen Ikone wurde. Dieser ikonographische Charakter des Papsttums ist entscheidend für seine globale Wirkung. Schon in diesem Sinne kann man sagen: Von Papst Franziskus gingen und gehen bedeutende Impulse für Kirche und Welt aus.