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Orientierung
Freitag, 30. Dezember 2022
Stichwort: Hl. Familie

Gott wird in der Familie erfahrbar

„Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit und seine Gnade ruhte auf ihm“ (Lk 2,39f).  Dieser eine Satz ist beinahe alles, was über die 30 Jahre gesagt wird, die Jesus bei seiner Familie lebt. Nur noch eine kleine Episode über den 12- jährigen Jesus im Tempel wird aus dieser Zeit erzählt. Sonst nichts. Das ist schon ein wenig seltsam; denn nur drei Jahre ist Jesus bis zu seiner Kreuzigung öffentlich aufgetreten. 30 Jahre lang hat er still und unauffällig bei seiner Familie gelebt. Aber über diese Zeit wissen wir so gut wie nichts. Dabei war das, sicher wie für jeden anderen Menschen auch, eine ganz entscheidende Zeit.

Glaube entsteht nicht im luftleeren Raum, durch Schulbücher oder gescheite Vorträge. Der Glaube ist nicht zuerst Wissen über Gott, sondern, eine Beziehung zu ihm! Glaube ist die Gewissheit, dass da einer ist, dem mein Leben nicht egal ist, der zu mir steht in guten und in schweren Stunden, der mich auch nicht fallen lässt, wenn ich Fehler mache oder in Krisen gerate. Diese Gewissheit kann nirgends so vermittelt werden wie in einer Familie: Hier erfahren Kinder Geborgenheit, hier spüren sie, dass sie geliebt und angenommen sind, auch wenn sie Fehler machen. Hier erfahren sie, dass man zueinander stehen kann in guten und in schweren Tagen. Und das, was Kinder in ihrer Familie erfahren und erleben, das prägt ganz entscheidend auch ihr Verhältnis zu Gott. Es ist ja kein Zufall, dass uns Jesus Gott als den Vater offenbart und uns lehrt, zu Gott „Vater“ zu sagen.

An anderen Stellen spricht die Bibel davon, dass Gott sich dem Menschen gegenüber verhält wie eine liebende Mutter zu ihrem Kind (vgl. Jes 66,13). Deshalb kann wohl nirgendwo so gut erfahren werden, wer Gott ist und wie sehr er den Menschen liebt, wie in einer liebevollen Familie. Aber was, wenn Ehen scheitern und Familien zerbrechen? Wie soll Gottes Liebe erfahrbar und vermittelbar sein, wenn sich menschliche Liebe oft als brüchig erweist?  Der Apostel Paulus schreibt im Kolosserbrief „Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen!“ (Kol 3,12). Das bedeutet: Ihr seid von Gott in Liebe gehalten und getragen, was immer euch in eurem Leben widerfahren mag! Gott liebt, auch wenn menschliche Liebe scheitert, wenn Menschen einander fallen lassen, enttäuschen oder verletzen. Gott steht zum Menschen, auch wenn er  Fehler macht und andere enttäuscht.

„Ihr seid von Gott geliebt!“ (Kol 3,12). Dass das kein leeres Gerede, keine plumpe Durchhalteparole ist, das wird an Weihnachten deutlich: indem Gott selbst Mensch wird. So sehr liebt Gott den Menschen. Aber er bittet uns zugleich um Liebe: Durch Jesus, der in einer menschlichen Familie aufwächst und Geborgenheit und Liebe erfährt, bittet er im Grunde in jedem Kind um menschliche Zuwendung, menschliche Liebe. In ihren Kindern begegnet Gott den Eltern. Und in den Eltern begegnet Gott den Kindern: und durch die Art und Weise, wie Eltern ihren Kindern Liebe und Geborgenheit schenken, vermitteln sie ihnen, wie Gott liebt und zum Menschen steht.

Gebet für die Familien

Jesus, Maria und Josef,
in euch betrachten wir
den Glanz der wahren Liebe,
an euch wenden wir uns voll Vertrauen.

Heilige Familie von Nazaret,
mache auch unsere Familien
zu Orten der Gemeinschaft und Räumen des Gebetes,
zu echten Schulen des Evangeliums
und kleinen Hauskirchen.

Heilige Familie von Nazaret,
nie mehr gebe es in unseren Familien

Gewalt, Verschlossenheit und Spaltung:
Wer Verletzung erfahren oder Anstoß nehmen musste, finde bald Trost und Heilung. [...]

Jesus, Maria und Josef,
hört und erhört unser Flehen!

Auszug aus dem „Gebet an die Heilige Familie“ von  Papst Franziskus