Erzbischof rechnet bei Messe mit argentinischem Präsident Milei ab
Buenos Aires – Es gibt angenehmere Termine im Kalender der argentinischen Regierung als der traditionelle Gottesdienst Te Deum am Tag des Vaterlandes (25. Mai). Denn in der Regel nutzt der dann amtierende Erzbischof von Buenos Aires die Gelegenheit zu einer Art Generalabrechnung mit den Politikern in der ersten Reihe.
Die linksperonistische Ex-Präsidentin Cristina Kirchner (2007–2015) blieb dem Gottesdienst jahrelang fern, denn sie wollte sich die Kritik des damaligen Erzbischofs von Buenos Aires, Jorge Bergoglio, nicht aus nächster Nähe anhören. Argentiniens marktradikaler Präsident Javier Milei stellte sich am Sonntag dagegen der Kritik der Kirche und nahm ganz vorne Platz.
„Argentinien blutet“, lautete der Kernsatz des Erzbischofs Jorge Garcia Cuerva. Es müsse Schluss sein damit, sich „im Schlamm der Diskreditierungen, des Hasses und der Gewalt herumzuwälzen“, so Garcia Cuerva. Er sprach vom „Terrorismus in den Sozialen Netzwerken“.
Auch zu einer aktuellen sozialen Frage nahm der Erzbischof Stellung: „Wie lange müssen die Rentner noch für eine angemessene Rente kämpfen?“, fragte er und spielte damit auf die Mittwochsdemonstrationen an, bei denen die Rentner in Buenos Aires für würdige Renten demonstrieren.
„Unsere Kinder verdienen es, dass wir ihnen ein geheiltes Land hinterlassen, ein versöhntes Land, ein Land, das aufrecht steht und Perspektiven hat; wir dürfen sie nicht enttäuschen“, mahnte der Leiter des Hauptstadt-Erzbistums.
Die Regierungsvertreter reagierten zurückhaltend auf die Kritik. Kabinettschef Guillermo Francos zeigte sich gegenüber der Zeitung La Nacion aber auch selbstkritisch. Die Rede sei angemessen gewesen.
Milei hatte durch harte Kürzungen und eine Liberalisierung der Wirtschaft die hohe Inflation binnen eines Jahres auf 2,8 Prozent gedrückt und die Wachstumsraten auf zuletzt 5,7 Prozent steigern können. Zudem sank auch die zunächst unter Milei gestiegene Armutsrate und der Staatshaushalt schrieb erstmals seit vielen Jahren wieder schwarze Zahlen.
Harte Kritik gibt es aber an Kürzungen von Sozialausgaben, die zu wöchentlichen Demonstrationen der Rentner führen. Auch Einsparungen im Bereich der Menschenrechtspolitik sorgen für Proteste. Dabei kommt es auch immer wieder zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Zuletzt wurden Dutzende Menschen verletzt und ein Fotograf verhaftet. (KNA)