Neuigkeiten
Deutschland
Mittwoch, 26. Oktober 2022
Neues Studienkonzept

Campus für Theologie und Spiritualität

Berlin - Als Brennpunkt katholischer Theologie ist Berlin bislang nicht bekannt. Ein vor drei Jahren an der Humboldt-Universität eröffnetes Institut mit dieser Fachrichtung will das bereits ändern. Nun sind auch Ordensgemeinschaften mit einem eigenen Projekt an den Start gegangen.

Zum neuen Wintersemester bietet ihr „Campus für Theologie und Spiritualität“ ein vielfältiges Programm von Vorlesungen und Kursen an, teilweise auch über das Internet. „Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zum Institut für Katholische Theologie oder zur Katholischen Hochschule für Sozialwesen“, versichert Dominikanerpater Ulrich Engel, der Gründungsbeauftragte des Campus. Die neuen Studienangebote sollten vielmehr „Marktlücken schließen“, die Hochschultheologie bislang offenlasse. Vor allem geht es um mehr Praxisbezug in theologischer Forschung und Lehre, wie der Forschungsverantwortliche des Projekts, Pater Thomas Eggensperger, betont - wie Engel ebenfalls ein Mitglied des Dominikanerordens. Beide sind seit 22 Jahren mit dem Forschungsinstitut M.-Dominique Chenu, benannt nach einem renommierten Theologen ihres Ordens, in der Hauptstadt präsent und haben viele Kontakte in die Politik- und Kulturszene der Metropole geknüpft, die sie nun auch in das neue Projekt einbringen. Es entstand nach ihren Angaben aus dem Plan, die Philosophisch-Theologische Hochschule (PTH) des Kapuzinerordens im westfälischen Münster zu reformieren. Schnell wurde klar, dass es ein neues Konzept und den neuen Standort brauchte, um für Studierende attraktiv zu sein. Als Träger dafür fanden sich bislang acht Orden und ordensähnliche Gemeinschaften, weitere engagieren sich in einem Förderverein.

Die PTH Münster ist akademischer Träger des Campus und sichert damit dessen staatliche und kirchliche Anerkennung. Ihr Projekt orientiert sich schon im Namen an einer Campus-Universität nordamerikanischer Prägung, „die Studium und Leben eng verbindet“, wie Pater Engel es nennt. In Berlin erfolgt dies schon deshalb weitgehend dezentral, da die Suche nach einer Immobilie als Hauptsitz des Campus noch läuft. Als Ersatz dafür sind vorerst Räume im Sankt-Hedwigs-Krankenhaus angemietet.

Lebensnähe versprechen die 18 Professorinnen, Professoren und Lehrbeauftragten auch in Form einer individuellen persönlichen Betreuung ihrer Studierenden und Kursteilnehmenden. Doch selbst mit einem künftigen zentralen Standort soll der „Campus“ in Zukunft weiterhin an vielen Orten Berlins präsent sein, wie Pater Eggensperger betont, der Sozialethik lehrt. So können angehende evangelische und katholische Theologinnen und Theologen während eines Studienjahres auf dem Campus ihre akademischen Erkenntnisse an der Praxis in kooperierenden sozialen Diensten und Initiativen messen. Noch im Planungsstadium sind Qualizierungsangebote für Altenheim- und Krankenhausseelsorge, unter anderem als berufsbegleitender Studiengang für Quereinsteiger, sowie ein berufsorientierendes Studienjahr für Abiturientinnen und Abiturienten.

Das säkulare und zugleich multireligiöse Umfeld der Hauptstadt verstehen die Campus-Träger nicht als Manko, sondern als Ansporn für ihr Projekt. Berlin sei ein Labor für die Zukunft einer Kirche, die sich in einer Minderheitenrolle zurechtfinden müsse, erklärt Pater Engel, der zu diesem Thema einen Lehr- und Forschungsschwerpunkt hat.

Wie sehr diese Perspektive berechtigt ist, zeigt ein bereits seit einem Jahr bestehendes Campus-Angebot. Es ist das „Leadership“-Programm für Leitungskräfte von Schulen und Krankenhäusern in Trägerschaft von Orden und anderen konfessionellen Trägern. Viele Teilnehmende haben bislang wenig Bezug zur Kirche, sollen - und wollen - aber die christliche Prägung ihrer Einrichtungen fortführen. Bei dem Programm erhalten sie dafür Anregungen und Hilfestellungen. Rund 400 Anmeldungen zeigen, dass der Campus damit offenbar ins Schwarze getroffen hat. (KNA)