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Mazenodfamilie
Im Gespräch
Dienstag, 24. Mai 2022
Gründung des Oblatenklosters in Essen-Kray

Dafür sind wir gegründet worden

Ein Gespräch mit Pater Jens Watteroth über eine Neugründung in besonderer Zeit

Welche Erfahrungen haben Sie in Essen-Kray gemacht, als Sie angekommen sind?

Die ersten Begegnungen waren sehr offen. Die Menschen freuen sich sichtlich, dass wir kommen. So kommt neuer Schwung nach Sankt Barbara. Damit haben die Leute schon nicht mehr gerechnet. Früher gab es einen Pastor vor Ort, der in den Ruhestand gegangen ist. Man hatte sich schon damit abgefunden, dass von priesterlicher Seite niemand mehr dieses Pfarrhaus bewohnen wird. Doch die Menschen vor Ort wollten, dass ihre Kirche weiterhin Zentrum der Gemeinschaft bleibt. Deswegen haben sie das Projekt „Gastkirche“ begonnen. Sie sind damals aber davon ausgegangen, sie müssten das allein als Ehrenamtliche stemmen. Die Leute hoffen jetzt, dass die Kirche vor Ort wieder präsenter wahrgenommen wird. Die Botschaft: Die Kirche ist lebendig, auch und gerade in Kray.

Welchen Eindruck hatten Sie von Essen-Kray?

Kray hat durchaus noch einen kleinstädtischen Charakter mit einem bürgerlichen Milieu. Die alteingesessenen Krayer sind stolz auf ihren Stadtteil. Ihnen ist daran gelegen, dass es schön bleibt, dass es einen gewissen Zusammenhalt gibt. Im Zentrum von Kray ist viel Lebendigkeit zu spüren; dort liegt auch die Barbara-Kirche. Gleichzeitig verändert sich die Stadtgesellschaft: Durch Migration wird das Bild deutlich multikultureller; die Not der Menschen steigt und es gibt mehr Menschen, die Unterstützung brauchen.

Welchen Herausforderungen müssen Sie sich bei der Gründung des Klosters stellen?

Wir wollen als Ordensgemeinschaft präsent sein. Wir wollen offen sein. In der Gottesdienstgemeinde können wir relativ leicht bekannt werden. Die Herausforderung ist, mit den Menschen vor Ort eine Beziehung aufzubauen, die nicht im unmittelbaren Kontakt zur Gemeinde stehen. An diese richtet sich auch das Konzept Gastkirche: Wir laden Leute ein, die nicht zum klassischen Milieu der Kirche gehören.

Haben Sie schon die anderen Gemeinden kennengelernt, in denen Sie arbeiten werden?

Wir sind gerade dabei, in den Gemeinden Erfahrungen zu sammeln. Wir werden eingebunden sein in die Pfarreien Sankt Laurentius in Essen und Sankt Gertrud in Bochum. Am Anfang lernen und entdecken wir viel. Welche Schwerpunkte unsere Arbeit haben wird, das loten wir noch aus. Wir wollen als Gemeinschaft arbeiten und uns gegenseitig ergänzen. Die Aufgabenprofile werden durchlässig sein und einiges werden wir gemeinsam machen. Das entspricht unserem Charisma. Dabei geht es auch um die Frage, welche oblatischen Angebote wir entwickeln.

Wie kann das oblatische Charisma für Essen-Kray relevant sein?

Wir sind eine missionarische Gemeinschaft. Wir haben von unserem Ordensgründer her die Idee, dass wir zu den Armen gesandt sind, die sonst von kirchlichen Strukturen nicht erreicht werden. Davon gibt es in Essen-Kray einige. Für solche Situationen sind wir ursprünglich gegründet worden. Die kirchliche Landschaft verändert sich. Das spürt man im Bistum Essen besonders deutlich. Dort werden nicht nur Gemeinden zusammengelegt, sondern es werden auch Kirchen und Gebäude geschlossen. In diesem Prozess sind wir Oblaten richtig. Es ist auch unsere Aufgabe, die Menschen zu stärken, die zur Kerngemeinde gehören. Ich nehme Kray als einen lebendigen Stadtteil wahr. Die Kirche und unser Kloster liegen mitten im Zentrum des Lebens. Und wir Oblaten wollen da sein, wo Menschen leicht den Weg zu uns finden. Es wird z.B. auf jeden Fall so sein, dass wir im Kloster eine kleine Kapelle haben, wo wir zu den Gottesdiensten einladen. Wir gehen aber auch zu den Menschen, die um uns herum leben, und begegnen ihnen im Alltag, sei es im Döner- Imbiss oder im Supermarkt.