"Die Kirche wurde am Kreuz und durch Opfer geboren"
„Jeder von uns wusste, dass unsere Präsenz in Laos, die damalige Situation des Landes, der Hass der Milizen gegen die Kirche mit dem Risiko verbunden war, umgebracht zu werden. Um diese Möglichkeit wissend ist keiner von ihnen je auf die Idee gekommen, seine Mission zu verlassen, um das eigene Leben zu retten.“
So erinnerte sich P. Alessandro Staccioli OMI an seine Mitbrüder, die in Laos das Martyrium erlitten hatten. Insgesamt sechs Oblatenmissionare kamen in den 60er Jahren in diesem Land in Südostasien um und wurden mittlerweile als Märtyrer seliggesprochen.
Die sechs Oblatenmärtyrer von Laos
17 Katholiken erlitten in Laos das Martyrium, darunter sechs Oblatenmissionare. 2015 hat Papst Franziskus die Seligsprechung der Märtyrer von Laos bestätigt.
Die Oblaten waren:
- P. Mario Borzaga OMI (1932–1960) aus Italien.
- P. Louis Leroy OMI (1923–1961) aus Frankreich.
- P. Michel Coquelet OMI (1931–1961) aus Frankreich.
- P. Vincent L’Hénoret OMI (1921–1961) aus Frankreich.
- P. Jean Wauthier OMI (1926–1967) aus Frankreich.
- P. Joseph Boissel OMI (1909–1969) aus Frankreich.
Ein Opfer um des Glaubens willen
Wer das Risiko auf sich nimmt, für seinen Glauben zu sterben, der zeigt, wie ernst es ihm damit ist. Es gibt keine größere Glaubwürdigkeit als die, die mit dem eigenen Leben besiegelt wird. Nur die Beziehung zu Jesus Christus ist es wert, auch das eigene Leben dafür aufs Spiel zu setzen.
P. Alessandro Staccioli weiter über seine Mitbrüder: „Jedem von ihnen hatte klar vor Augen gestanden, dass man sein Leben ja bereits um des Evangeliums willen an Laos hingegeben hatte. Darum waren sie auch in der Lage, ihr Leben so leichtfertig mit dem Leid und der Misere der Menschen vor Ort zu teilen. Die Kirche wurde am Kreuz und durch Opfer geboren. Das ist auch die Wahrheit für jede neue Mission.”
Ein Land im Umbruch
Laos liegt in Süd-Ost-Asien. Das Gebiet geriet ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert unter den Einfluss Europas, als die Franzosen 1893 die linke Uferseite des Mekong eroberten. 1897 wurde es als Protektorat in die französische Kolonie Französisch-Indochina eingegliedert.
Der Zweite Weltkrieg (1939–1945) brachte die Besetzung des Landes durch die japanische Armee. Nach der Kapitulation Japans 1945 begann das Ringen der Laoten um Unabhängigkeit von Frankreich. 1949 wurde ein Vertrag unterzeichnet, der Laos zu einem assoziierten Staat innerhalb des französischen Kolonialreiches machen sollte. Das führte zum endgültigen Schulterschluss der kommunistischen Freiheitsbewegungen im Gebiet Indochinas.
Der Indochinakrieg dauert von 1949 bis 1954; er endete mit dem Sieg der einheimischen Truppen. Frankreich musste auf alle Ansprüche auf das Gebiet verzichten. Das brachte für den neu gegründeten Staat Laos aber nur kurz Frieden. 1959 brach ein Bürgerkrieg zwischen prowestlichen Regierungstruppen und kommunistischen Rebellen aus, die von Vietnam und der Sowjetunion unterstützt wurden. Dieser Bürgerkrieg dauerte bis 1962 und brach im Verlauf des 60er Jahre wieder aus. Er endete 1975 mit der Machtübernahme der kommunistischen Partei, die bis heute das Land regiert.
Die dominierende Religion in Laos ist nach wie vor der Buddhismus. Nur drei Prozent der Laoten sind Christen, davon 110.000 Katholiken. Besonders unter kleineren Ethnien wie den Hmong und den Khmu hat das Christentum in Laos viele Anhänger.
Missionsarbeit der Oblaten
Die Oblatenmissionare kamen ab 1935 unter dem Schutz der französischen Kolonialmacht nach Laos. Sie konzentrierten ihre Arbeit auf die Bevölkerung in den Urwalddörfern der Berge. Schon 1938 wurde das Missionsgebiet der Oblaten, in dem damals 13 Patres und ein Bruder wirkten, zur Apostolischen Präfektur erhoben. Diese umfasste den Norden von Laos.
Die Entwicklung der Mission wurde durch den Zweiten Weltkrieg und die folgenden politischen Umbrüche gestört. Die finanzielle und personelle Unterstützung der Missionen war zeitweise unterbrochen, die ausländischen Missionare bekamen zunehmend Schwierigkeiten mit den wechselnden Autoritäten im Land. Trotzdem ging es weiter. Zwischen 1947 und 1952 konnten noch einmal 15 Oblaten aus Frankreich nach Laos einreisen.
Die Folgen des Vietnamkriegs und die ideologischen Umwälzungen in Laos brachten neue Herausforderungen für die Missionsarbeit. Flüchtlingsbewegungen verschiedener Volksgruppen setzten ein. Der Bürgerkrieg brachte Hunger und Not. Die Kommunisten gingen gegen die katholische Kirche vor. Der erste katholische Priester, der 1954 umgebracht wurde, war ein Einheimischer: Pfarrer Joseph Thao Tien (1918–1954).
1952 wurde der Oblatenpater Étienne Loosdregt zum Bischof geweiht und zum ersten Apostolischen Vikar von Vientiane ernannt. Ab 1957 kamen noch eine Reihe von italienischen Oblaten als Missionare ins Land. 1963 wurde vom Heiligen Stuhl sogar ein zweites Apostolisches Vikariat errichtete. Doch das Ende der Mission kam zwischen 1975 und 1976: Mit der Machtübernahme durch die Kommunisten mussten ausländischen Missionare das Land verlassen.
Es blieben 1976 nur drei einheimische Oblaten im Land zurück. Einer von ihnen war P. Jean Khamse Vithavong OMI (*1942), der 1983 zum Bischof geweiht wurde und von 1984 bis 2017 der Apostolische Vikar von Vientiane war.
Die Seligen der Oblaten
Seit der heilige Eugen von Mazenod die Gesellschaft 1816 gegründet hat, sind fast 10.000 Mitglieder der Gemeinschaft verstorben. Nur wenige davon werden als Selige oder Heilige verehrt. Doch fällt auf, dass bis auf den Ordensgründer und den seligen Joseph Gerard alle davon das Martyrium erlitten haben. Das verrät auch etwas über den Charakter der Gemeinschaft: In der Sendung zu den Armen machen sich die Oblaten selbst bis zu einem gewissen Grad schutzlos – denn die Macht, der Schutz des Geldes und der Waffen sind dort nicht zu finden.
Freilich sind Märtyrer nicht sorglos. Ihr Leben ist aber geprägt von einer dreifachen Sorge; das zeigt auch das Leben und Sterben der Oblaten in Laos:
1) Sorge um sich selbst: Alle in Laos ermordeten Patres haben sich lange auf ihren Missionseinsatz vorbereitet. Und sie haben stets für ihr geistliches Leben gesorgt.
2) Sorge um andere: Je mehr die Blutzeugen in Laos in ihrem Dienst wuchsen, umso größer wurde die Sorge um den anderen. Das Geschenk des eigenen Lebens wurde im Leben anderer verwirklicht. Ihnen wurde das Leben genommen, weil sie anderen Leben gaben.
3) Sorge um Gott: Die Missionare in Laos lebten unter schwierigen und widrigen Umständen. Es war für sie entscheidend; bei den Menschen zu sein, mit ihnen das Leben zu teilen. Wo sie als Männer des Glaubens lebten, konnte Gott nicht verloren gehen.
Beredtes Zeugnis gibt die Predigt, die P. Pierre Duang Di OMI beim Begräbnis von P. Joseph Boissel OMI gehalten hat: „Wer sagt, dass die Patres Ausländer sind? Wer sagt, dass die Patres keine guten Menschen sind? Wer sagt, dass die Patres zum Verrat an den Glauben der Väter anstiften? – Hier liegt der tote P. Boissel vor uns. Sein Leben gibt Antwort auf die Fragen. – Wenn P. Boissel ein Ausländer war, warum kam er dann nach Laos, um hier 31 Jahre lang zu leben? … Wenn P. Boissel nicht gut war, warum hat der Himmel ihn nicht gestraft? … Warum eilte er immerzu zu den Seinen im Dorf von Hat I-Êt? Es war pure Liebe zu den Menschen, ohne dabei an sein eigenes Leben zu denken. – Und wenn wir Verräter wären, warum sitzen wir dann hier? Warum kommen wir dann zusammen um P. Boissel zu betrauern?“
Oblaten-Märtyrer sind Fürsprecher im Himmel
Für die Oblaten-Märtyrer von Laos führte die Freundschaft mit Gott ins Blutzeugnis. Dazu sind nur wenige berufen. Das Zeichenhafte des Martyriums bleibt aber eine Herausforderung für alle Christen.
Denn alle Christen sind berufen, in ihrem Leben die Beziehung mit Jesus zu verwirklichen. Das tun sie nicht allein, sondern in einer „Gemeinschaft der Heiligen“ im Himmel, die zur „Auferstehung der Toten“ und zum „Ewigen Leben“ verhelfen soll.