Vorschau
Mazenodfamilie
Missionare schreiben
Mexiko
Montag, 19. September 2022
Aus Tijuana

Wenn man sich an Gott hält, ist alles möglich

Wenn Sie schon öfter in dieser Zeitschrift über die Arbeit der Oblatenmissionare in Tijuana gelesen haben, dann kommt Ihnen mein Name vielleicht bekannt vor. Ich bin einer von denen, der diese Berichte schreibt. Heute möchte ich davon erzählen, wie ich dazu gekommen bin.

Mein Name ist David Rizo, ich bin 30 Jahre alt und habe gerade mein Psychologiestudium beendet. Ich habe als Kind und Jugendlicher immer davon geträumt, ein gutes und sorgenfreies Leben zu führen. Aber das schien unerreichbar, meine Realität sah anders aus. Oft hatte ich tagelang nichts zu essen und schlief im Freien. Mein Vater starb, als ich fünf Jahre alt war. Ich habe ihn nie kennengelernt, weil er im Gefängnis war, als ich geboren wurde, dort ist er auch gestorben. Als Teenager war ich Mitglied einer Gang. Ich wollte, dass man mich fürchtet, wollte dazugehören und beschützt werden.

Bei von Oblaten organisierten Exerzitien wurde mein Herz verändert. Ich war immer katholisch gewesen, hatte es aber bis zu diesem Moment nie ernst genommen. Damals beschloss ich, aus den Gangs auszusteigen. Das hat wahrscheinlich mein Leben gerettet oder mich zumindest vor dem Gefängnis bewahrt. Ich habe gelernt, dass man auch Menschen vergeben kann, die nicht mehr leben. Ich habe meinen toten Vater angeschrien und geweint, um mich von der Wut und der Traurigkeit zu befreien. Zum ersten Mal konnte ich wirklich zur Ruhe kommen.

Ein paar Jahre später starteten die Oblaten in Tijuana ein Stipendienprogramm, das Spender und Studenten zusammenbringt. Ich wollte mich an einer Universität bewerben. Meine Familie meinte, das sei eine Verschwendung von Zeit und Geld. Aber ein Oblate glaubte an mich und ermutigte mich, mich zu bewerben. Seitdem habe ich unglaubliche Menschen kennengelernt, die an mich geglaubt haben, ohne überhaupt zu wissen, wer ich war, und die mein Studium finanzierten. So etwas hatte ich noch nie erlebt, nicht einmal in meiner Familie. Die Welt ist so viel größer als meine Nachbarschaft.

In meiner Familie mit sechs Geschwistern bin ich der Jüngste und der erste, der studiert hat. Jetzt sind alle stolz auf mich. Aber ich werde nie die Oblatenfamilie vergessen, die als erste an mich geglaubt hat, und dank dieser Familie glaube ich jetzt an mich selbst. Ich möchte, dass andere Menschen auch ihre Herausforderungen meistern. Pater Jesse, der in unserer Pfarrei arbeitet, sagt, dass man 80 % seiner Probleme lösen kann, wenn man nur die richtige Einstellung hat. Jetzt will ich in meiner Gemeinde tatkräftig mithelfen. Das Psychologiestudium hat mir das Rüstzeug dafür gegeben. Es gibt viel zu tun, aber wenn man sich an Gott hält, ist alles möglich. Ich bin gesegnet worden, und ich verspreche, es weiterzugeben. Derzeit engagiere ich mich in unserem Sozialprogramm der Gemeinde. Mein Dank gilt den vielen Menschen, die mir geholfen haben, diesen Traum zu verwirklichen. Ein besonderer Dank geht an die Oblatenmissionare.