Für Gerechtigkeit in Sri Lanka
Sri Lanka erlebt seit Jahrzehnten einen ethnischen Konflikt zwischen der Mehrheit der Singhalesen und der tamilischen Minderheit. Der Bürgerkrieg, der seit 1983 zwischen der Regierung und tamilischen Milizen tobte, wurde 2009 offiziell beendet – doch der Konflikt besteht fort. Die Oblaten setzen sich schon seit Langem energisch für eine friedliche Lösung des Konflikts ein und versuchen, zur Versöhnung der verschiedenen Gruppen beizutragen. Federführend ist dabei das Centre for Society and Religion (CSR).
Eine Geschichte an der Seite der Armen
Sri Lanka ist eines der frühesten außereuropäischen Missionsgebiete der Oblatenmissionare. Die ersten Oblaten landeten 1847 auf der Insel, die damals in Europa noch Ceylon genannt wurde. Seit ihrer Ankunft waren sie Pioniere in vielen Missionsfeldern, wie der Pfarrpastoral, der außerschulischen Bildung und dem interreligiösen Dialog. Viele ihrer Initiativen bestehen noch immer:
Pater Peter Pillai OMI und seine Bewegung für soziale Gerechtigkeit kämpften seit den späten 1930er-Jahren gegen die vorherrschende lokale Ungerechtigkeit und Ausbeutung, von denen die Arbeiterklasse betroffen war. Pillai stritt für Mindestlöhne, einen Achtstundentag und eine Landreform. Außerdem gründete er zwei Zeitschriften, „Social Justice” in englischer Sprache und „Samaja Samaya” in singhalesischer Sprache, um die Massen über soziale Themen aufzuklären.
Pater Michael Rodrigo OMI entschied sich, in den Gemeinschaften der buddhistischen Bauern in Buttala zu leben und sie in ihrem Kampf für ein menschenwürdiges und respektvolles Leben für sich und ihre Kinder zu begleiten. Im Laufe dieser herausfordernden Mission wurde er 1987 ermordet. Seine bahnbrechende Mission des „Lebensdialogs” wird jedoch weiterhin fortgesetzt, um das Leben der Bauerngemeinschaft zu verbessern. Pater Oswald B. Firth OMI nahm sich der Kriegswitwen im Distrikt Batticaloa an – auch diese Mission wird bis heute fortgesetzt.
Ein Forum für offene Diskussionen
Eine wichtige Gestalt ist auch Pater Tissa Balasuriya OMI. Durch sein Engagement in der Hochschulbildung und der katholischen Studentenbewegung war er in den 60er-Jahren mit der sich wandelnden Stimmung unter den Jugendlichen im Land vertraut. Er erkannte, dass die damalige Bildung den Erwartungen der Jugendlichen, insbesondere derjenigen in ländlichen Gebieten, nicht gerecht wurde. Er spürte auch die Unruhe, die in Kreisen der Studierenden aufgrund schlechter Jobchancen aufkam.
Um einen Dialog zu ermöglichen, initiierte Pater Balasuriya ein offenes Forum, in dem drängende Fragen diskutiert und alternative Lösungen vorgeschlagen werden konnten. Zu einer Zeit, als es nur wenige zivilgesellschaftliche Organisationen gab, war dieses Forum, das Centre for Society and Religion, der einzige Ort, in dem Meinungen in einer Atmosphäre gegenseitiger Akzeptanz und Respekt frei geäußert werden konnten. Viele Politiker, Wissenschaftler und Sozialaktivisten nahmen an diesen Sitzungen teil.
Das Anliegen des CSR ist die Befreiung der Armen und Ausgegrenzten. Seine Diskussionsforen sind stets offen für unterschiedliche Meinungen; die Meinungsfreiheit war dabei immer eines der Markenzeichen. Die Perspektive des Zentrums ist dabei klar: die Armen in den Dörfern und Städten in ihrem Kampf für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit zu begleiten – unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit.
Frieden durch Dialog
In der letzten Phase des Bürgerkrieges zwischen den Streitkräften der Regierung und den tamilischen Guerillas startete das CSR ein neues Programm namens „Ministry of Presence“, um die vom Krieg betroffenen Menschen in Sri Lanka in den Lagern für Binnenflüchtlinge und später in den neu angesiedelten Dörfern zu begleiten. Das CSR setzt sich auch nach dem Ende der Kampfhandlungen für Versöhnung und Frieden ein – durch Lobbyarbeit und praktische Maßnahmen wie Austauschprogramme und Schulungen zur Selbstständigkeit. Denn der Konflikt der ethnischen Gruppen schwelt unter der Oberfläche weiter.
Der Prozess der inneren Befriedung wurde durch einen Anschlag am 21. April 2019 gefährdet. Das Massaker am Ostersonntag kostete in Sri Lanka 270 Menschenleben, mehr als 500 Personen wurden verletzt und mehrere Opfer blieben dauerhaft behindert. Das CSR steht an der Seite der Opfer und unterstützt sie dabei, ihren Familien Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Um dieses Engagement zu verwirklichen, hat das CSR eine Kampagne gestartet, um Informationen über die Tragödie zu dokumentieren. Es ist auch an der Überwachung der rechtlichen Schritte für die Opfer beteiligt und leistet Rechtsbeistand.
Eine Mission, die weiterträgt
Die Lage in Sri Lanka ist in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden: Der Raum für freie Meinungsäußerung und Dissens schwindet rapide; das Ende des Krieges hat nicht zu einer sinnvollen Versöhnung zwischen entfremdeten Gemeinschaften geführt; die Armen werden durch die wirtschaftliche Entwicklung aus den Städten und Küstengebieten verdrängt; Militarisierung, Zusammenbruch von Recht und Ordnung, Straflosigkeit und politische Einmischung in Justiz und Strafverfolgung destabilisieren die Gesellschaft. Das CSR wird weiterhin ein Forum für unterschiedliche Meinungen und ein Wegbereiter im Kampf für die Befreiung der Armen sein. Die Versöhnung zwischen ethnischen Gemeinschaften war und ist auch weiterhin eine der Prioritäten des CSR.
Ihr Pater Rohan Silva OMI