Mehr als eine Gruppe von Freunden, die zusammen essen
Der Wunsch nach Zugehörigkeit ist zutiefst menschlich. Die Psychotherapeutin Angela Theisen erklärt: „Wir können die Bedeutung des Zugehörigkeitsgefühls nicht von unserer körperlichen und geistigen Gesundheit trennen. Wenn wir das Gefühl haben, Unterstützung zu haben und nicht allein zu sein, sind wir widerstandsfähiger und bewältigen schwierige Zeiten in unserem Leben oft effektiver."
Der Wunsch nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft steht am Beginn der Rosies:
„Die Rosies haben sich zum Ziel gesetzt, diejenigen, die obdachlos sind, von Obdachlosigkeit bedroht sind oder soziale Isolation oder Einsamkeit erleben, Freundschaft und bedingungslose Akzeptanz zu bieten. So wie Sie einem Freund, der bei ihnen zu Besuch ist, eine Tasse Tee oder Kaffee anbieten würden, tun wir dasselbe für unsere Freunde auf der Straße“, so erklärt die Gemeinschaft auf ihrer Website.
Ein safe Space
Alles begann 1974 im Süden Australiens: Die Mornington-Halbinsel südlich von Melbourne war ein beliebter Urlaubsort. Doch P. Tom Shortall OMI bemerkte, dass es für die jungen Leute, die dort ihre Ferien verbrachten, kaum passende Freizeitangebote gab.
So beschloss er, eine Anlaufstelle zu gründen, die von Freiwilligen und angehenden Priestern geleitet wurde: Dort sollten die Jugendlichen in einer sicheren Umgebung feiern und Spaß haben. Damit begann eine Sommertradition, die bis 1996 andauerte – so wurden in der kleinen Stadt Rosebud die Rosies geboren.
Ein ähnliches Bedürfnis beobachtete 1987 P. Paul Costello OMI an der Gold Coast nahe Brisbane. In Australien ist es Tradition, dass Absolventen nach der Schule eine Woche lang feiern. Doch an der Gold Coast gab es keinen sicheren Ort für junge Leute, die eine Pause von der einwöchigen Party brauchten. Dafür sorgte nun ein Team aus Engagierten, das neben Tee/Kaffee und einem freundlichen Ohr auch einen sicheren Transport der Schulabgänger bereitstellte.
Während des Einsatzes kam das Team in Kontakt mit der Obdachlosen vor Ort und erkannte, dass Rosies das ganze Jahr über gebraucht wurden, nicht nur während der Absolventenfeiern.
Eine Mission trägt viele Früchte
1990 nahmen sich zwölf junge Menschen ein Jahr Auszeit und engagierten sich Vollzeit als Rosies. Die Teams gingen abends auf die Straßen der Stadt und boten jedem, der in Not war, Hilfe und Gastfreundschaft an. Jedes Jahr traf ein neues Team von zwölf Personen für diese Jugendmission ein.
Inspiriert vom Engagement der Rosies an der Gold Coast weitete sich die Mission auf andere Orte aus.
Im Jahr 1998 haben sich Rosies mit lokalen Schulen zusammengetan, um älteren Schülern, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzten, die Erfahrung eines Straßeneinsatzes zu bieten.
An anderen Orten gründeten sich Gemeinschaften von Freiwilligen, die ein paar Stunden pro Monat mit den Bedürftigen verbrachten, anstatt sich für ein ganzes Jahr zu verpflichten.
Dieses Modell ermöglicht es, neue Einsätze zu starten. Derzeit gibt es Rosies an 14 Orten in Australien. Heute engagieren sich 1500 Menschen als Rosies.
Jayne Shallcross, die Leiterin der Rosies, berichtet, dass die unterschiedlichen Gruppen sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Gemeinde orientieren. In Cairns etwa, im Norden Australiens, bietet die Ortsgruppe einen kompletten Essensservice an. In dieser Gruppe herrscht ein starkes Gemeinschaftsgefühl zwischen den Besuchern und den Ehrenamtlichen, sodass man von außen denken könnte, dass „es sich nur um eine Gruppe von Freunden oder Familie handelt, die zusammen essen", so Shallcross.
Eunice Winship, die Zweigstellenleiterin in Cairns, berichtet, dass die Rosies seit mehr als drei Jahrzehnten in Cairns sehr beliebt seien; sie hätten viele Stammgäste. Aber jede Nacht kämen auch neue Besucher hinzu.
Der Wunsch nach Zugehörigkeit
Nur wenige Organisationen in Australien beschäftigen sich mit dem Thema Einsamkeit. Die betrifft oft aber nicht nur Menschen, die obdachlos oder sozial isoliert sind. Ein Vierter der Menschen in Australien gibt an, dass derzeit Einsamkeit zu erfahren; 10 Prozent aller Australier ab 15 Jahren berichtet von mangelnder sozialer Unterstützung.
So ist es der Wunsch nach Zugehörigkeit, der viele Hilfesuchenden zu den Rosies führt. Sue kommt seit fünf Jahren mit ihren drei Kindern jeden Mittwoch zur Zweigstelle in Ipswich nahe Brisbane: „Ich komme gerne hierher, weil es eine gute Umgebung für meine Kinder ist, ich bin mit allen Freiwilligen befreundet."
Wirklich Da-sein
„Zu den Rosies zu kommen, hilft dabei, das Familienbudget zu entlasten, und dafür bin ich dankbar", sagt Sue. Aber: „Es ist mehr als nur das Essen, die Freiwilligen sind sehr einladend. Es spielt keine Rolle, wie deine Lebensumstände sind, ob du obdachlos oder bedürftig bist, hier werden alle gleich behandelt."
Der Koordinator der Rosies in Ipswich, Barry Reinecker, erklärt, dass gerade der Umgang mit den Kindern, die dorthin kommen, eine besondere Rolle spielt. Es gehe darum, „ihnen grundlegende Fragen zu stellen und ihnen wirklich zuzuhören, wenn sie antworten, Interesse zu zeigen und ihre Erfolge zu feiern, egal wie groß oder klein sie sind“.
„Unsere Freiwilligen konzentrieren sich darauf, ein Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit zu fördern, und das hilft den Kindern, sich sicher zu fühlen und sie aus ihrer Schüchternheit herauszuholen. Wir nehmen sie so an, wie sie sind“, so Reinecker.
Eunice aus Cairns beschreibt ihr Engagement bei den Rosies so: „Im Rahmen unserer Arbeit versorgen wir die Gäste mit praktischen Dingen wie Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Decken usw., aber wir bieten auch emotionale und spirituelle Unterstützung. Ich glaube, dass die Rosies nicht nur die Hände und Füße Jesu sind, sondern auch seine Stimme. Ich bete und hoffe, dass diejenigen, die mit den Rosies verbunden sind, dies auf die Weise erleben, die für sie am besten ist."
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