Mazenodfamilie
Mittwoch, 18. Mai 2022
Wie der hl. Eugen seine Sorgen überwand

Maria, Mutter des Lächelns

Wir sind der Allerseligsten Jungfrau geweiht; auf besondere Weise sind wir ihre Kinder; wie sie uns bisher so spürbar beschützt hat, umso mehr wird sie es auch in Zukunft tun“, so sprach Eugen von Mazenod 1827 beim Generalkapitel zu seinen Oblatenmissionaren.

Vorschau
Eugen von Mazenod erfährt das Lächeln Mariens.

Christozentrische Frömmigkeit

Dabei ist die Benennung nach der Gottesmutter von der spirituellen Geschichte Eugens her folgerichtig. Sein ganzes Leben lang verehrte er Maria. Seit seinem Aufenthalt in Venedig in seiner Jugendzeit wandte er sich jeden Morgen an Maria. Er bat sie um ihren mütterlichen Segen: „Wahre Mutter des Heilands, du Mutter und Fürsprecherin der Sünder, fange mich auf im Schoß deiner mütterlichen Barmherzigkeit.“ Als Priester wandte sich Eugen immer wieder spontan an die „Mutter aller Gnaden“ und an seine geistliche Mutter. Aber: ohne groß über seine Beziehung zu Maria zu reflektieren. Die Spiritualität Eugens ist nämlich vorrangig christozentrisch. P. Fabio Ciardi OMI, einer der wichtigsten Experten für Eugen von Mazenod, schreibt: „Sein Leben ist ausgerichtet auf diese Beziehung, und in ihr lebt er. Es ist Christus, dem Eugen nachzueifern sucht. Die tiefsten geistlichen Erfahrungen sind jene mit dem Gekreuzigten und mit der Eucharistie.“ So ist Maria zwar lange im Leben Eugens präsent, hat aber keine besondere Bedeutung, die über die normale marianische Spiritualität der Zeit hinausgegangen wäre.

Das Erlebnis

Das ändert sich mit dem 15. August 1822. An diesem Tag wird den Gläubigen in der Kirche der Mission in Aix eine Statue der Makellosen Jungfrau zur Verehrung gezeigt. An diesem Tag predigt Eugen nicht nur über die Gottesmutter, sondern er wird tief ergriffen von einer innerlichen Begegnung mit dem Marienbild. Damals ist die Gemeinschaft sechs Jahre alt, und ihre Zahl nimmt nicht so zu, wie der Stifter es sich vorgestellt hat. Es gibt nur ein Dutzend Priester und ebenso viele Novizen. Die Schwierigkeiten von außen haben zugenommen. Sie kommen etwa von den Pfarrern in Aix. Auch die Bischöfe misstrauen den ultramontanen und papsttreuen Missionaren und fürchten, dass sie ihre besten Priester an die Gemeinschaft verlieren. Die Pariser Regierung verweigert die staatliche Anerkennung und der Erzbischof von Aix die kirchliche.

In dieser Situation wird der Stifter von Selbstzweifeln überfallen. Ist die junge Gemeinschaft wirklich ein Werk Gottes oder nur ein Menschenwerk? Das ist der Hintergrund des 15. August 1822. In einem Brief an P. Tempier, einen seiner ersten Weggefährten, hat Eugen das Erlebnis dieses Tages geschildert. Er schreibt den Brief noch am gleichen Abend: „Ich glaube, ich schulde ihr (Maria) auch eine besondere Erfahrung, die ich heute gespürt habe. Ich will nicht so weit gehen, zu sagen wie niemals zuvor, aber sicherlich tiefer als gewöhnlich. Ich kann es nicht gut beschreiben, denn es umfasst verschiedene Dinge, aber sie alle beziehen sich auf eins, unsere geliebte Gemeinschaft. Es scheint mir, dass das, was ich sah, auf das ich hätte meinen Finger legen können, unbegrenzt Gutes zustande bringen kann; ich fand sie (unsere Gemeinschaft) wertvoll, alles an ihr machte mir Freude; ich schätze ihre Regeln, ihre Statuten; ihr Dienst erschien mir großartig, was er ja auch in Wirklichkeit ist. Ich fand in ihrem Schoß sichere, ja unfehlbare Mittel zum Heil.“ Laut der Überlieferung wandte die Statue ihre Augen zu Eugen und lächelte ihm zu. Deswegen trägt sie heute den Namen „Mutter des Lächelns“. Sie steht im Generalhaus.

Eugen fühlte sich durch dieses Ereignis in seinem Werk gestärkt. Er spürte den mütterlichen Blick auf sich und seiner Gemeinschaft ruhen. Für den Gründer kommt diese Eingebung im richtigen Moment. Die zahlreichen Herausfor - derungen hatten zu einer geistigen Müdigkeit geführt. Diese Erfahrung gibt Eugen wieder neue Kraft und die Gewissheit, dass die Herausforderungen sich lohnen, denen er und die Gemeinschaft noch gegenüberstehen werden. Zwar ist noch nicht davon die Rede, dass die Gemeinschaft einst den Namen Mariens tragen soll. Doch gibt Eugen ihr eine klare marianische Ausrichtung. Das zeigt sich schon an der Auswahl der Orte für die Kommunitäten: Ein Drittel davon sind Marienheiligtümer. Folgerichtig wird der Kongregation später die Aufgabe auch kirchenamtlich übertragen, die Marienfrömmigkeit zu verbreiten. So wird Eugen später dem Bischof von Gap schreiben: „Wir alle pflegen eine besondere Verehrung der Mutter Gottes. Die Kirche hat es uns zur Pflicht gemacht, ihre Verehrung zu fördern.“