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Mazenodfamilie
Mittwoch, 25. Januar 2023

Für die Armen der Provence und der ganzen Welt

Die Gründung der Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria war ein unwahrscheinliches Ereignis. Zwar war die Zeit reif für eine Gemeinschaft von Priestern, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, den Armen das Evangelium in einer Sprache zu verkünden, die verstanden wurde. Auch war es notwendig, die zertrümmerte Kirche Frankreichs nach den Wirren der Revolution unter der napoleonischen Herrschaft wiederaufzurichten. Aber weder die Herkunft Eugens noch die Bedingungen in Südfrankreich hätten das Werk nahegelegt.

Eine unwahrscheinliche Wahl

Eugen von Mazenod war ein französischer Adliger und auch noch der einzige Sohn seiner Eltern. Daher erwartete gerade seine Mutter von ihm, zu heiraten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und die Linie der Mazenods fortzuführen. Wenn schon Priester, dann durfte das Umfeld erwarten, dass er einer standesgemäßen Stelle nachgehen würde, etwa als Kanoniker. Einem Mazenod standen nach dem Ende der napoleonischen Ära glänzende Karriereaussichten bevor. Ein armer Priester für die Armen war in diesem Bild nicht vorgesehen.

Eugen studierte im Pariser Seminar St. Sulpice, der damaligen Kaderschmiede des französischen Klerus. Viele Seminaristen, die Eugen damals kennenlernte, sollten später, wie er, Bischöfe werden. Einige schlossen sich aber auch Ordensgemeinschaften an.

Der prominenteste war Charles de Forbin-Janson, der mit anderen die Société des Missions de France gründete. Er hätte Eugen gerne in den Reihen seines Ordens gesehen. Auch hier wählte Mazenod nicht den leichten Weg, in eine schon bestehende Gemeinschaft einzutreten. Es trieb ihn, bei den Armen der Provence zu bleiben.

Dabei gab es unter den Bischöfen der Umgebung Widerstand. Zwar begrüßten einige von ihnen die Gründung einer Gemeinschaft, die der Mission des Volkes dienen sollte. Doch zielte das Werben Eugens auf ihre tüchtigsten Geistlichen, die er in den neuen Orden aufnehmen wollte. Die Bischöfe, die ihre Bistümer neu aufbauen wollten, drohten damit ihrer besten Priester verlustig zu gehen. Entsprechend war die Freude der Bischöfe über die neue Ordensgemeinschaft nicht ungetrübt. Doch Eugen setzte sich durch.

Er wurde gegen den Widerstand seiner Mutter Priester; er verzichtete auf eine klerikale Karriere; er lehnte es ab, in einen etablierten Orden einzutreten und überwand den Widerstand der Bischöfe. Die Missionare der Provence sollten sich zunächst ganz auf ihr Wirkungsgebiet in Südfrankreich konzentrieren, um in der Sprache des Volkes den Armen und Verlassenen Gott nahe zu bringen.

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Engelsburg und Engelsbrücke in Rom

Auf nach Rom

Die Gemeinschaft wuchs in den kommenden Jahren immer weiter und schon bald war nicht nur die Provence Gebiet ihrer Mission. Provisorisch wurde die Gemeinschaft in Missionare des heiligen Karl umbenannt, nach Karl Borromäus, der für Eugen ein Vorbild priesterlichen Lebens war. Die Entwicklung machte jedoch eine umfassendere rechtliche Absicherung notwendig: Der Blick Eugens fiel nach Rom. Ende 1825 reiste er in den Kirchenstaat, um die Genehmigung der Gemeinschaft durch den Papst zu erbitten, obwohl er Oberer von damals nur 21 Mitbrüder war, außerdem von einigen Novizen ohne Gelübde. Doch Eugen war sehr überzeugend: Schon in der ersten Audienz am 20. Dezember gelang es ihm, Papst Leo xII. davon zu überzeugen, das Verfahren der Anerkennung der Gemeinschaft einzuleiten. Der Papst wünschte die Bestätigung der Gemeinschaft. Schon im Januar wurde daraufhin eine Kommission aus drei Kardinälen gebildet, um die Regel zu überprüfen. Das war dem unermüdlichen Bemühen Eugens zu verdanken, der das Verfahren möglichst beschleunigt sehen wollte.

Er schrieb über seine zahlreichen Aktivitäten in Rom: „Man muss sich das Wort des hl. Ignatius in Erinnerung rufen, dass man in den Angelegenheiten so handeln muss, als hinge der Erfolg von uns ab, und zugleich sein ganzes Vertrauen auf Gott setzen, so als würden unsere eigenen Schritte zu nichts nützen. Ich gestehe jedoch, dass ich nach allem, was bisher geschehen ist, nur mit Gottes Hilfe rechne, und wenn ich von mir aus etwas tue, so ist das nur pro forma und um nicht den Eindruck zu erwecken, Gott versuchen zu wollen.“

Wie außerordentlich günstig sich die Lage für Eugen in Rom entwickelte, zeigt auch das Eingreifen dreier französischer Bischöfe: Obwohl sie die Regeln der Gemeinschaft bestätigt hatten, meldeten sie nun Einwände an. Ihrer Meinung nach verletzten die Statuten die Rechte der Bischöfe und die Gesetze Frankreichs. Freilich waren diese Argumente nicht dazu geeignet, das Verfahren in Rom zu verzögern. Denn aus den Bischöfen sprach der Gallikanismus, also der Wunsch der Abgrenzung der französischen Kirche von Rom. Das war für die Kardinäle ein Grund mehr, die neue Gemeinschaft zu genehmigen: um der Autorität der Kurie Ausdruck zu verleihen. Am 15. Februar 1826 trat dann die Kardinals- Kommission zusammen und beschloss einstimmig, die Regel zu bestätigen. Zwei Tage später wurde das durch Leo XII. genehmigt.

Eugen schrieb daraufhin nach Frankreich: „Die Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen müssen, meine lieben Freunde und guten Brüder, ist, dass wir mit neuer Leidenschaft und einer noch bedingungsloseren Hingabe arbeiten, um Gott alle Ehre zu erweisen, soweit es von uns abhängen wird, und für das Heil der armen Seelen unserer Nächsten mit allen Mitteln zu sorgen, soweit wir es können“.

Eine marianische Gemeinschaft

Ursprünglich sollte die neue Gemeinschaft nur Oblatenmissionare heißen. Doch während der Oktav des Festes der Unbefleckten Empfängnis Mariens drängte es Eugen, den Namen zu erweitern. Er stellte die Idee dem Papst vor; ohne Absprache mit den Mitbrüdern, so sicher war er sich über die Ergänzung. Die Kurie bestätigte die Gemeinschaft so unter dem ergänzten Namen und damit den marianischen Ansatz ihrer Spiritualität.

Zurück in Marseille erklärte Eugen den versammelten Mitbrüdern: „Dies ist für die Gemeinschaft der Beginn einer neuen Ära, der Herr hat die Pläne ratifiziert, die wir zu seiner Ehre vorbereitet hatten; er hat die Bande gesegnet, die uns einen; … Auf ihm scheint der glorreiche Name der allerseligsten und unbefleckten Jungfrau Maria: der Name, der unser Name ist, denn wir sind der allerseligsten Jungfrau geweiht; auf besondere Weise sind wir ihre Kinder; wie sie uns bisher so spürbar beschützt hat, umso mehr wird sie es auch in Zukunft tun, wenn wir uns einer solchen Mutter würdig erweisen …“.