Brasilien
Dienstag, 9. August 2022

Die indigenen Völker sind die Verbündeten einer Klima-Außenpolitik

Die indigenen Völker seien entscheidende Verbündeten einer Klimaorientierten Außenpolitik, so der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Pater Martin Maier.

Mit Blick auf den Welttag der indigenen Völker am 9. August fordert Maier: „Um den Kollaps des Regenwaldes am Amazonas zu verhindern, müssen Bundesregierung, EU und internationale Gemeinschaft sich die Forderung der indigenen Völker nach einer konsequenten Ausweitung ihrer Territorien zu eigen machen und die Länder Lateinamerikas und des globalen Südens dabei systematisch finanziell unterstützen.“

Laut dem Adveniat-Hauptgeschäftsführer kann der irreversible Kipppunkt, bei dem sich der Regenwald in eine Savanne verwandelt, nur verhindert werden, wenn 80 Prozent der Fläche unter Schutz gestellt würden. Von den 4,3 Millionen Quadratkilometern des brasilianischen Amazonasregenwaldes müssten 3,5 Millionen als Schutzgebiet ausgewiesen werden - 1,3 Millionen Quadratkilometer mehr als bisher. Maier verweist dabei auf eine Studie, die unter anderem von der Universitäten Miami und Rio de Janeiro erstellt wurde.

„Die wissenschaftlichen Fakten und Folgerungen liegen seit Jahrzehnten auf dem Tisch. Jetzt ist es höchste Zeit, die Schutzgebiete für die Indigenen auszuweisen und die Anerkennung ihrer Territorien politisch durchzusetzen“, so Maier.

Freilich: Es fehlt häufig dafür der politische Wille. Das zeigt etwas der seit Jahren geführte Rechtsstreit um die verbindliche Festlegung der indigenen Territorien in Brasilien. Laut der Verfassung von 1988 hätte die Demarkierung bereits fünf Jahre später, also 1993, abgeschlossen sein müssen. Doch bis heute sind mehr als zwei Drittel der indigenen Gebiete noch nicht gekennzeichnet.

Stattdessen wird bis zum obersten Gericht darüber gestritten, ob die häufig zuvor vertriebenen indigenen Völker zum Stichtag auf ihrem ursprünglichen Territorium gelebt haben müssen, damit die Anerkennung stattfinden kann. Zuletzt wurde die für Ende Juni angekündigte Entscheidung des obersten Gerichtshofs wieder verschoben.

„Für die indigenen Völker ist dieser Prozess nicht nur eine nervenaufreibende Tortur. Der Schwebezustand erleichtert es der Agrar- und Rohstoffindustrie, in die indigenen Gebiete vorzudringen. Die Folge: systematische Vertreibung und Ermordung Indigener“, klagt Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Maier.

„Wir dürfen die Indigenen bei ihrem Kampf um das Amazonasgebiet nicht allein lassen“, betont Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Maier. Von wissenschaftlicher Seite werden für die Ausweitung der Schutzgebiete Anfangsinvestitionen von bis zu 1,6 Milliarden Dollar geschätzt. Jährlich kämen dann weiter 1,7 bis 2,8 Milliarden Dollar für den Erhalt dazu.

„Am Amazonas entscheidet sich die Zukunft des Planeten. Deshalb müssen sich Deutschland und die EU auch finanziell an der Rettung des Regenwaldes beteiligen“, fordert Maier.

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt seit Jahrzehnten die Fachstelle der katholischen Kirche für Indigenenfragen in Brasilien „Cimi“. Die vor 50 Jahren gegründete Institution setzt sich auf regionaler und nationaler Ebene für die Rechte der indigenen Völker ein. Finanziell von Adveniat unterstützt, dokumentiert der jährlich erscheinende Gewalt-Bericht die Menschenrechtsverletzungen an den ursprünglichen Völkern Brasiliens.