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Donnerstag, 8. Dezember 2022
Stichwort "Unbefleckte Empfängnis Mariens"

Maria, der Mensch, wie er sein sollte

Jeder, der schon einmal einen Marienwallfahrtsort besucht hat, wird sich an die Frömmigkeit der Pilger erinnern, die er dort getroffen hat. Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche kommen zur Mutter Gottes und tragen ihr ihre persönlichen Anliegen vor. Ob Lourdes oder Fatima, Kevelaer, Altötting, Mariazell oder Mariastein - überall das gleiche Bild: Menschen aller Generationen, aller Bildungsschichten und mit den unterschiedlichsten Lebenserfahrungen werden zu einfachen und schlichten Betern. Bitten und Danken scheint an diesen Gnadenorten nie zu verstummen, und wer in die Gesichter der Wallfahrer schaut, wird bemerken, dass sie etwas von dem begriffen haben, was die Kirche am heutigen Tag von Maria sagt.

Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria bringt den Glauben der Kirche zum Ausdruck, dass Maria durch Gottes Gnade von aller Schuld unversehrt geblieben ist. Sie ist die makellose Jungfrau, so bekennt es das Dogma vom 8. Dezember 1854. Manch einer tut sich heute mit den theologischen Formulierungen schwer, und nicht selten wird versucht, die Makellosigkeit Mariens auf die biologische Jungfräulichkeit zu beschränken. Solche Einschränkungen werden weder dem Dogma noch der Jungfrau und Gottesmutter Maria selber gerecht.

Dass die Kirche Maria zur „makellosen Jungfrau“ erhoben hat, dann meint viel mehr als die Jungfräulichkeit. Maria ist der makellose Mensch, der Mensch, wie er in den Augen Gottes sein sollte. Sie ist die neue Eva und wird durch ihr beispielhaftes Leben und ihre Mitwirkung am Plan Gottes für die Menschen zur neuen Mutter der Lebenden.

 

Maria öffnet Gott die Tür in die Welt

Maria öffnet sich für den Plan Gottes, sie ist bereit, das Ihre dazu beizutragen, dass Gott in unserer Welt geboren werden kann und den Menschen das Heil bringt. Mit einem einfachen und demütigen „Ich bin die Magd des Herrn" (Lk 1,38) begibt sie sich in Gottes Hand und ändert damit nicht nur ihr Leben, sondern das Leben aller Menschen auf radikale Art und Weise. Maria spricht Ihr Ja und öffnet Gott die Tür hinein in unsere Welt. Eine Welt, die der Erlösung bedarf, die sich weit entfernt hat von der Demut und dem Gottvertrauen Mariens; eine Welt, die bereit ist, sich verführen zu lassen und dann nach schnellen Ausreden sucht wie Eva, die die Schuld auf die Schlange schiebt (vgl. Gen 3,13).

Die Handlungen von Eva und Maria könnten unterschiedlicher nicht sein. Im Leben der Eva wird deutlich, wie der Mensch Grenzen überschreitet. Obgleich der Mensch alles von Gott erhalten hat, was zum Leben notwendig ist, überschreiten Adam und Eva eine Linie. Sie lehnen sich gegen Gott auf und handeln gegen seine Anweisung. Dieses Aufbegehren gegen Gott bezeichnet die Theologie als Ursünde.

Ganz anders dagegen Maria: Ihr Leben verläuft alles andere als paradiesisch, und der Plan Gottes bedeutet, menschlich betrachtet, für sie zunächst einmal eine Katastrophe. Verlobt sein und ein Kind erwarten, das man dem zukünftigen Ehemann nicht erklären kann - das war nicht nur in emotionaler Hinsicht problematisch, das kann auch die ganze Lebensplanung zerstören.

 

Vorbild und Mutter der Glaubenden

Während, menschlich gesprochen, Adam und Eva alles hatten und nur durch ihren Hochmut und ihre Auflehnung gegen Gott alles verspielten, sieht es bei Maria völlig anders aus. Als Gott in ihr Leben tritt, ist nichts mehr normal. Das, was planbar und vorhersehbar war, muss über den Haufen geworfen werden. Doch Maria zweifelt nicht an Gott, sie hört seine Botschaft und begibt sich ganz in seine Hände. Maria, von der die Kirche sagt, dass sie von Beginn ihrer Existenz an ohne Sünde war, bleibt auch in den schwersten Situationen ihres Lebens makellos. Sie stimmt dem Plan Gottes zu, seinen Sohn auf die Welt zu bringen, obwohl sie ahnen kann, dass das gesellschaftlich und privat für sie äußerst schwierig werden wird. Später sieht sie ihren Sohn als Prediger durch die Lande ziehen, und sicher wird sie bemerkt haben, dass nicht alle Menschen seine Anhänger sind. Und auch in der letzten Stunde ihres Sohnes ist sie da, steht unter dem Kreuz und hält die Treue bis zum Schluss. Sie ist makellose Jungfrau, der Mensch, wie er in den Augen Gottes sein sollte:

  • Sie glaubt, dass Gott in das Leben des Menschen hineinwirken kann.
  • Sie hofft auf seine Hilfe und seinen Beistand.
  • Sie liebt seine Weisung und setzt sie in ihrem Leben um.

Maria ist der makellose neue Mensch, nicht nur, weil Gott sie von Beginn an vor aller Schuld bewahrt hat, sondern auch, weil sie diese makellose Reinheit ihr Leben lang gehütet hat. Demütig, dienend und voll Gottvertrauen ist sie ihren Weg gegangen. Offen für Gottes Plan in ihrem Leben, hat sie hoffend und liebend ihr Ja gesprochen und ist so Vorbild, Mutter und Fürsprecherin der Glaubenden geworden.

Die Kirche fasst diese Tatsache in hohe Theologensprache; die unzähligen Wallfahrer, die Tag für Tag auf der ganzen Welt zu Maria pilgern, sagen es mit dem einfachen Satz: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns!"